Übersicht nationale Politik
Vorstösse, Programme und Initiativen mit Bezug zur
Betreuung im Alter
Die Politlandschaft wird vierteljährlich jeweils nach der Session der eidgenössischen Räte aktualisiert. Nach der grafischen Übersicht auf der ersten Seite folgt eine kurze Einordnung der Geschäfte aus Sicht der guten Betreuung im Alter sowie Informationen zum aktuellen Stand der Beratungen und Prozesse.
Während der Herbstsession vom 9. bis 27. September 2024 fanden nur wenige für die Betreuung im Alter relevante Debatten statt.
Der Nationalrat stimmt der Motion 23.3366 «Nationale Strategie für Betreuung und Wohnen im Alter und bei Behinderung» von Christine Bulliard-Marbach zu. Die Motion will den Bundesrat beauftragen, eine nationale Strategie für Betreuung und Wohnen im Alter und bei Behinderung auszuarbeiten – gemeinsam mit Kantonen sowie Akteurinnen und Akteuren der Zivilgesellschaft. Der Nationalrat hat der Motion mit 125 zu 64 Stimmen zugestimmt, entgegen der Empfehlung des Bundesrates. Als nächstes entscheidet der Ständerat über die Vorlage. Er hat eine gleichlautende Vorlage der ehemaligen Ständerätin Marina Carobbio bereits einmal abgelehnt. Wir erwarten den Entscheid 2025.
Die Motion 23.3571 «Den Zugang zu Ergänzungsleistungen für alle gleichermassen gewährleisten» von Barbara Gysi forderte auf Bundesebene eine Regelung, welche die Kantone verpflichtet, potenzielle Bezügerinnen und Bezüger von Ergänzungsleistungen proaktiv anzugehen, um die hohe Rate des Nichtbezugs zu reduzieren. Der Bundesrat lehnte den Vorstoss ab. Er verweist auf den in der Schweiz allgemein geltenden Grundsatz, dass die versicherte Person den Anspruch auf eine Leistung selbst geltend machen muss, und darauf, dass das Identifizieren von potenziell EL-Berechtigten zu aufwendig wäre. Der Nationalrat folgte dem Bundesrat mit 71 zu 111 Stimmen.
Mit dem Postulat 24.3809 «Klärung der Kompetenzen in der Gesundheitspolitik» will die zuständige Kommission des Nationalrates den Bundesrat beauftragen, einen Bericht vorzulegen mit «Vorschlägen zur Aufteilung und Klärung der Kompetenzen des Bundes und der Kantone unter Einbezug der Gemeinden im Bereich der Gesundheitspolitik». Der Bundesrat empfahl den Vorstoss ebenfalls zur Annahme, der Nationalrat ist dem ohne Debatte gefolgt. Das Departement kann somit mit der Erstellung des Berichtes beginnen.
Aus Sicht der Betreuung im Alter fanden während der Sommersession vom 27. Mai bis 14. Juni 2024 spannende Debatten statt. Neben den Ratssälen sind in diesem Rückblick auch Anlässe erwähnenswert, welche rund um die Session für Parlamentarierinnen, Parlamentarier und Schlüsselpersonen stattfanden:
Der Anlass der Akademien der Wissenschaften Schweiz widmete sich der Frage «Wie fördern wir eine gute Betreuung von älteren Menschen zuhause?»: Am 28. Mai wurde zum «Science et politique à table» eingeladen – und das Thema Betreuung zuhause ins Zentrum gestellt.
Mit Inputreferaten von Prof. Dr. Carlo Knöpfel, Prof. Valérie Hugentobler und Riccardo Pardini wurden die Herausforderungen und Lösungsansätze mit Parlamentsmitgliedern diskutiert. Folien und Zusammenfassung der Diskussion sind online einsehbar.
Anlass der Parlamentarischen Gruppe Kommunalpolitik unter dem Titel «Betreuung im Alter: Auslegeordnung und Handlungsbedarf»: Am 12. Juni trafen sich Parlamentarierinnen und Parlamentarier zu einem Austausch, um die Perspektive der Gemeinden einzunehmen: Wie können Gemeinden den steigenden Bedarf nach Betreuung decken und welchen Beitrag leistet der Bund dazu?
Miriam Wetter, Politologin und mandatierte Stabstelle des Engagements Gute Betreuung im Alter der Paul Schiller Stiftung, hat in einem Referat fachlich eingeordnet und eine Übersicht über die bundespolitische Dynamik im Thema geboten. Anschliessend wurden Fragen auf einem Podium und mit dem Publikum vertieft.
Diese informellen Gespräche leisten einen wichtigen Beitrag, um das Thema Betreuung auch im Bundesparlament weiter zu vertiefen. Sie bilden eine wichtige Basis der politischen Debatte, gerade in Vorbereitung der anstehenden Debatte zur Anpassung der Ergänzungsleistungen für eine Finanzierung der Betreuungsleistungen.
Auf der Traktandenliste der Räte hatten wir in dieser Session einen Entscheid, der für das Thema Betreuung im Alter eine hohe Relevanz hat:
Ja zu einer Aktualisierung der Altersstrategie: Ständerat Simon Stocker fordert mit seinem Postulat 24.3085 eine neue Alterspolitik des Bundes, welche die aktuell geltende Strategie aus dem Jahr 2007 ablöst. Das war vor dem Nationalen Finanzausgleich, der damit verbundenen Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen; vor der aktuellen Pflegefinanzierung und vor diversen Reformen in IV und AHV. Zudem standen Entwicklungen in den Themen wie Digitalisierung und Fachkräftemangel noch an einem ganz anderen Punkt. Und auch das Thema Betreuung als eigenständige Unterstützungsform war noch nicht auf dem Radar. Selbst der Bundesrat musste dem zustimmen und empfahl das Postulat zur Annahme. Diese Empfehlung wurde nicht bestritten, sodass der Ständerat das Postulat stillschweigend angenommen hat. Wir sind gespannt auf die Arbeiten zur Umsetzung dieses Beschlusses.
Aus Sicht der Betreuung im Alter wurden an der Frühjahrssession 2024 der eidgenössischen Räte vom 26. Februar bis 15. März folgende relevante Geschäfte behandelt:
Annahme der Motion für ein Impulsprogramm zur Prävention von Gewalt im Alter mit Fokus auf Betreuung: Endlich beschlossene Sache! Nach jahrelangem Hin und Her – seit der Veröffentlichung des Postulatsberichts 2020, der aufzeigte, dass jede fünfte Person über 60 von Gewalt, Missbrauch oder Vernachlässigung betroffen ist – hat der Ständerat nun definitiv entschieden: Der Bund führt ein Impulsprogramm zur Prävention von Gewalt im Alter durch.
Das ist aus drei Gründen ein wichtiger Meilenstein:
- Das Thema ist nach wie vor tabuisiert und braucht Sensibilisierung, Aufklärung und Stärkung von präventiven Projekten.
- Das Impulsprogramm legt gemäss Motion den Fokus auf Betreuung als Schlüssel zur Entlastung von Angehörigen und Fachpersonen – weil Gewalt im Alter viel mehr mit Überforderung und Überlastung zu tun hat als mit Boshaftigkeit.
- Alterspolitisch gibt es bisher keine Programme, Projekte oder Dialoge, die Stakeholder vereinen und eine gemeinsame Gestaltung der Alterspolitik ermöglichen. Die Tatsache, dass mit dem Programm nun ein Dialog und eine Vernetzung über alle föderalen Ebenen hinweg sowie mit Fachverbänden und Forschung entsteht, kann über das Thema Gewalt im Alter hinaus eine positive Wirkung erzielen.
Umwandlung der Hilflosenentschädigung in eine Betreuungsentschädigung: Das Parlament will genauer wissen, wie eine Reform der Hilflosenentschädigung aussehen könnte – entsprechend überweist das Postulat 23.4326 «Entwicklung der Hilflosenentschädigung hin zu einem Betreuungsgeld. Reformbedarf und mögliche Umsetzungen» der zuständigen Kommission. Es fordert, dass der Bericht insbesondere folgende Punkte ausführt:
- Analyse der Möglichkeiten, wie mittels Anpassung der Höhe der Entschädigung an die IV- und UV-Zahlungen das Leben zu Hause im Alter gefördert werden könnte. (Hilflosenentschädigungen im IV und UV-Bereich sind heute rund doppelt so hoch wie im AHV-Bereich.)
- Bewertung der Notwendigkeit, psychosoziale Kriterien beim Entscheid zur Zulassung für eine Entschädigung zu berücksichtigen, um die gewünschte präventive Wirkung zu erzielen. (Auch hier ist im IV-Bereich das Kriterium der lebenspraktischen Begleitung bereits enthalten.)
- Einschätzung der Bezugsquote der Hilflosenentschädigung und Diskussion möglicher Massnahmen für eine Verbesserung dieser Quote.
- Überlegungen, wie sich eine Modernisierung der Hilflosenentschädigung in die weiteren laufenden politischen Prozesse auf allen drei föderalen Ebenen integrieren würde.
Das sind zentrale Punkte einer möglichen Betreuungsfinanzierung – wie wir sie in unserer Kosten- und Finanzierungsstudie 2021 aufgezeigt haben.
Neben der laufenden Reform der Ergänzungsleistungen (vgl. Beitrag zur Vernehmlassung) ist die Anpassung der Hilflosenentschädigung zentral, um bei Bedarf die Betreuungsfinanzierung auch für Nicht-EL-Bezügerinnen und Nicht-EL-Bezüger finanziell zu unterstützen. Der Bericht des Bundesrats wird den Reformbedarf hoffentlich nochmals nachweisen und konkrete Reformvarianten ausarbeiten. Er kann damit eine wichtige Grundlage für den weiteren politischen Prozess zur Stärkung der guten Betreuung in der Schweiz werden.
Betreuende Angehörige juristisch anerkennen: Der Ständerat hat das Postulat 23.4333 an den Bundesrat überwiesen. Es fordert eine Definition der Rechtsstellung betreuender Angehöriger – mit Blick auf die Ausarbeitung einer Unterstützungsstrategie. Somit muss der Bundesrat einen Bericht zu dieser Frage ausarbeiten sowie Varianten und Auswirkungen einer rechtlichen Anerkennung von betreuenden Angehörigen aufzeigen.
Neu eingereicht wurde das Postulat 24.3085 zur Überarbeitung und Aktualisierung der Altersstrategie des Bundes, welche aus dem Jahr 2007 stammt. Ständerat Simon Stocker, welcher das Postulat eingereicht hat, erwähnt es auch im Interview mit gutaltern.ch
Aus Sicht der Betreuung im Alter wurden an der Wintersession 2023 vom 4. bis 22. Dezember folgende relevante Geschäfte behandelt:
Für eine einheitliche Finanzierung ambulanter und stationärer Leistungen, inklusive Pflege: Nach langem Hin und Her ist es den Räten in dieser Session gelungen, das Geschäft «EFAS» zum Abschluss zu bringen. Die einheitliche Finanzierung der ambulanten und stationären Leistungen wird per 1. Januar 2028 umgesetzt werden, vier Jahre danach soll auch die Pflege integriert werden. Unter der Bedingung, dass die neu auszuhandelnden Pflegetarife auf einer «einheitlichen und transparenten Kosten- und Datenbasis basieren und die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllen». Aus Sicht der Betreuung wird die Herstellung dieser Kostentransparenz interessant sein, weil eine vollständige Abbildung der Pflegekosten mehr Klarheit bringen wird, wohin die heutigen Betreuungstaxen fliessen. Zudem wird es wichtig sein, in den Definitionsarbeiten die Schnittstellen zwischen Betreuung und Pflege zu beachten.
Die Krankenkassen und grossen Verbände wie FMH, interpharma, economiesuisse aber auch Fachverbände aus dem Altersbereich wie Artiset-Curaviva, Spitex oder Senesuisse haben sich für die EFAS Vorlage eingesetzt und den Entscheid begrüsst. Die Gewerkschaften haben bereits das Referendum angekündigt. Bei einer Abstimung würde der Zeitplan entsprechend nach hinten verschoben.
Mit der Motion 21.3630 hat Pierre-Yves Maillard (SP, VD) gefordert, dass der 30. Oktober zum offiziellen nationalen Tag der betreuenden Angehörigen werden soll. Während der Nationalrat dem Vorstoss noch zugestimmt hat, ist der Ständerat dem Bundesrat gefolgt und hat den Vorstoss abgelehnt. Weiterhin werden einzelne Kantone an diesem Tag Aktionen gestalten – und andere, die darauf verzichten, auf das Thema aufmerksam zu machen.
Wir haben am letzten 30. Oktober zusammen mit dem Entlastungsdienst Schweiz zu einer Tagung eingeladen – auf gutaltern.ch gibt es einen spannenden filmischen Rückblick.
Die Motion 23.3239 von Melanie Mettler (glp, BE) für eine Verbesserung der Rentenformel «mit einer vorteilhaften Komponente für tiefe Einkommen» wurde angenommen. Sie will gezielt Haushalte von Rentnerinnen und Rentnern mit tiefen Einkommen und Vermögen stärken – jedoch höchstens im Ausmass von 2% der jährlichen Gesamtausgaben der AHV, resp. IV. Diese Zustimmung für höhere AHV-Renten für Bedürftige ausserhalb der bereits laufenden Diskussion der nächsten AHV-Revision ist wohl nicht zuletzt auf die anstehende Abstimmung zur 13. AHV-Rente vom 3. März 2024 zurückzuführen. Nach dem Ja des Nationalrates müsste der Ständerat auch noch zustimmen, um eine Umsetzung realisieren zu können. Dieser Entscheid wird jedoch erst nach dem Abstimmungssonntag gefällt.
Nicht behandelt haben die Räte den aus Sicht der Betreuung wichtigen Vorstoss für ein Impulsprogramm zur Prävention von Gewalt im Alter. Der Nationalrat hatte diesen in der letzten Session entgegen des Bundesratsantrages angenommen. Der Vorstoss wird Ende Januar in der zuständigen ständerätlichen Kommission, der WBK-S, beraten.
Aus Sicht der Betreuung im Alter wurden an der Herbstsession 2023 vom 11. bis 29. September folgende relevante Geschäfte behandelt:
EFAS – einheitliche Finanzierung ambulant und stationär inklusive Pflege: Der Ständerat stimmte in der Wintersession 2022 der einheitlichen Finanzierung von ambulanten und stationären Leistungen zu und beschloss somit erstmals den Einbezug der Pflege in dieses neue Finanzierungssystem. Ursprünglich war die einheitliche Finanzierung nur für den Akut-Bereich vorgesehen. Noch 2019 stimmte der Nationalrat gegen den Einbezug der Pflege, jedoch machten die Kantone deutlich, dass diese Ausweitung der Vorlage für sie unerlässlich ist, um EFAS zu unterstützen. Die zuständige nationalrätliche Kommission hat die Diskussion aufgrund der Vorlage des Ständerates wieder aufgenommen und hat sich schliesslich der Position des Ständerats angenähert: Sie schlug ihrem Rat eine Aufnahme der Pflege in EFAS vor, hat jedoch die vorgesehenen Zeitfristen gelockert. Bereits der Ständerat hatte einen zeitlich versetzen Einbezug der Pflege – sieben Jahre nach Einführung von EFAS im Akut-Bereich – vorgesehen, weil die Transparenz in der Finanzierung noch nicht gegeben ist.
Auf Empfehlung seiner Kommission sieht der Nationalrat nun von einer verbindlichen Zeitplanung ab und schlägt der Nationalrat nun vor, dass der Einbezug der Pflege erst erfolgen kann, wenn eine einheitliche und transparente Kostenbasis für Tarife im Pflegesektor besteht und die Pflegeinitiative vollständig umgesetzt ist.
Erst wenn das erfüllt ist – und frühestens sieben Jahre nach Inkrafttreten der Gesetzesanpassungen – kann der Bundesrat Akteurinnen und Akteure anhören und einen Entscheid zum Einbezug der Pflege fällen.
Aus Sicht der Betreuung ist die Herstellung der geforderten Kostentransparenz besonders interessant, weil eine vollständige Abbildung der Pflegekosten mehr Klarheit bringen wird – beispielsweise auch darüber, wohin die heutigen Betreuungstaxen fliessen. Zudem wird es wichtig sein, in den Definitionsarbeiten die Schnittstellen zwischen Betreuung und Pflege zu berücksichtigen.
Koordination zwischen IV und AHV: Die nicht haltbaren Unterschiede zwischen der IV- und der AHV-Finanzierung rückt stärker in den politischen Fokus. Die Session konzentrierte sich auf die sogenannten Hilfsmittel.
Eine Motion der Sozial- und Gesundheitskommission des Nationalrates und ein Postulat von Baptiste Hurni (SP, NE) fordert eine Analyse der Koordinationsprobleme zwischen IV und AHV, die Beseitigung von Ungerechtigkeiten zwischen den beiden Versicherungen sowie eine «smarte» Auswahl der Hilfsmittel. Ein Argument ist dabei, dass ältere Menschen dank Hilfsmitteln länger zu Hause bleiben könnten.
Die Räte haben beide Vorstösse angenommen. Neben dem bereits überwiesenen Vorstoss der SGK-N zur Einführung des Assistenzbeitrages auch für AHV-Rentnerinnen und AHV-Rentner, den es heute nur in der IV gibt, regen beide Vorstösse den Dialog über die Angleichung von AHV und IV weiter an.
Bericht zu 24-Stunden-Betreuung und Arbeitsgesetzt: Auch angenommen hat der Nationalrat einen Vorstoss von Samira Marti (SP, BL) für einen Bericht zur Frage, wie die Live-In Betreuung in privaten Haushalten dem Arbeitsgesetz unterstellt werden kann. Der Bundesrat wird entsprechend in den nächsten Jahren einen Bericht zu dieser Frage erarbeiten und veröffentlichen
Indirekter Gegenvorschlag zu den beiden Gesundheitskosten: Die Volksinitiative «Kostenbremse im Gesundheitswesen» der Mitte-Partei will den Anstieg der Kosten bremsen, indem die Gesundheitskosten nicht stärker ansteigen sollen als die allgemeine Lohnentwicklung.
Das Parlament lehnt die Initiative ab, hat aber einen indirekten Gegenvorschlag ausgearbeitet. Dieser sieht die Einführung von Kosten- und Qualitätszielen für das Gesundheitswesen vor, welche vom Bundesrat alle vier Jahre festgelegt werden. Konsequenzen bei Nichterreichung dieser Ziele sind nicht festgelegt.
Die Prämienentlastungs-Initiative der SP, welche die maximale Belastung der Haushalte durch die Krankenkassenprämien bei 10% des Einkommens deckeln will, wird vom Parlament ebenfalls abgelehnt. Ein indirekter Gegenvorschlag verpflichtet die Kantone zu höheren Prämienverbilligungszahlungen.
Den aus unserer Sicht wichtige für ein Impulsprogramm zur Prävention von Gewalt im Alter mit Fokus auf Betreuung haben die Räte nicht behandelt. Der Nationalrat hatte diesen in der letzten Session – entgegen dem Bundesratsantrag – angenommen. Der Vorstoss wird damit nach den Wahlen im neu zusammengesetzten Ständerat behandelt.
Aus Sicht der Betreuung im Alter wurden an der Sommersession 2023 vom 30. Mai bis 16. Juni folgende relevante Geschäfte behandelt:
Ja zu einem Impulsprogramm Gewalt im Alter: Der Nationalrat hat mit 126:59 Stimmen der Motion 21.3715 von Nationalrätin Ida Glanzmann zugestimmt, die ein «Impulsprogramm zur Prävention von Gewalt im Alter mit Fokus auf Betreuung» fordert. Dieser Entscheid ist umso bemerkenswerter, weil der Bundesrat sowohl den Vorstoss zur Ablehnung empfohlen hat als auch Ende Mai als Fazit einer dreijährigen Abklärungsphase zum Schluss kam, dass er von sich aus kein Impulsprogramm starten will. Der Bundesrat hatte diese Idee geprüft auf der Basis des umfassenden Berichtes zu Gewalt im Alter in der Schweiz, den er 2020 veröffentlicht hat. Er hat das Bundesamt für Sozialversicherung beauftragt, mit den Kantonen und Stakeholdern den Bedarf für ein nationales Impulsprogramm abzuklären. Obwohl sowohl Stakeholder als auch die Kantone zum Schluss kamen, dass sie ein solches Programm begrüssen würden, entschied sich der Bundesrat dagegen. Begründet hat er dies mit der Finanzlage sowie den laufenden Tätigkeiten rund um die Istanbul Konvention, einem Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt. Ida Glanzmann hat in ihrem Votum ausgeführt, warum diese Argumente nicht stichhaltig sind – und eine deutliche Mehrheit des Rates davon überzeugt.
Das Impulsprogramm wäre aus Sicht der Betreuung ein wichtiges Instrument, um verschiedene Herausforderungen im Austausch zwischen Bund, Kantonen, Stakeholdern und Forschenden anzugehen: Zugang zu Betreuungsangeboten, Mitfinanzierung von Betreuungsangeboten bei tieferen und mittleren Einkommen, Entlastung von Angehörigen und Fachkräften, Förderung von qualitativ guten Betreuungsangeboten, um die sozialen Netzwerke von älteren Menschen als wichtige Stütze in der Prävention zu erhalten und zu stärken. Der Vorstoss verlangt deshalb richtigerweise nicht nur ein Aufbrechen des Tabus «Gewalt im Alter», sondern einen Fokus auf strukturelle Prävention und den Zugang zu einer qualitativ guten Betreuung. Wir sind gespannt, was der Ständerat dazu sagen wird. Warum auch der Ständerat Ja sagen sollte, hat Nationalrätin Ida Glanzmann in einem kurzen Interview mit uns ausgeführt.
Betreuungsstrategie Alter und Behinderung im Ständerat abgelehnt: Der an der letzten Session eigereichte Vorstoss für eine nationale Strategie zu Betreuung und Wohnen in den Bereichen Alter und Behinderung wurde vom Ständerat bereits abgelehnt. Da der Vorstoss gleichlautend im Ständerat und im Nationalrat eingereicht wurde, wird er unter der Nummer 23.3366 in einigen Monaten auch im Nationalrat noch einmal debattiert. Allenfalls ist die Diskussion dort anders verankert. Die Motionärin, Christine Bulliard-Marbach, ist nach wie vor vom grossen Handlungsbedarf überzeugt, wie sie in diesem kurzen Video auf ihrem LinkedIn-Profil ausführte. Aus Sicht einer guten Betreuung im Alter wäre eine solche Strategie sehr zu begrüssen, auch weil die beiden Bereiche Alter und Behinderung gemeinsam betrachtet würden.
Kein Gegenvorschlag und Ablehnung der Renteninitiative der Jungfreisinnigen: Der Nationalrat liebäugelte zunächst mit einem indirekten Gegenvorschlag zur Renteninitiative, der eine Schuldenbremse für die AHV vorgesehen hätte. Schliesslich ist er jedoch auf die Linie des Ständerats eingeschwenkt und empfiehlt die Idee, das Rentenalter auf 66 zu erhöhen und künftig laufend der Lebenserwartung anzupassen, zur Ablehnung.
Befreiung von der Mehrwertsteuer auch für private, gewinnorientierte Spitex-Dienste: Der Ständerat hat die Befreiung in eine Anpassung des Mehrwertsteuergesetzes aufgenommen, der Nationalrat hat sich bisher dagegen gewehrt. In der Sommersession kam er nun zur selben Position wie der Ständerat und hat eine entsprechende Gesetzesanpassung gutgeheissen. Gemeinnützig organisierte Spitex-Organisationen sind bereits heute von der Mehrwertsteuer befreit.
Für einen nationalen Tag der betreuenden Angehörigen: Bereits in der Sondersession im Mai 2023 hat der Nationalrat der Motion 21.3630 des Waadtländer Nationalrates Pierre-Yves Maillard für die Einführung des nationalen Tages der betreuenden Angehörigen jeweils am 30. Oktober zugestimmt. Der heute durch verschiedene Organisationen und Kantone getragene Tag soll offiziell anerkannt und vom Bund mitgetragen werden.
Aus Sicht der Betreuung im Alter wurden an der Frühjahrssession 2023 vom 27. Februar bis 17. März folgende relevante Geschäfte behandelt:
Nein zu einem Bericht zur Altersdiskriminierung von Frauen, ja zu Medikationsplänen bei Polymedikation: Mit einem Postulat wollte die Aargauer Nationalrätin Yvonne Feri einen Bericht zur Altersdiskriminierung bei Frauen erarbeiten lassen. Sie wollte aufzeigen, in welchen Bereichen und mit welchen Konsequenzen Frauen genderspezifischer Altersdiskriminierung ausgesetzt sind und mit welchen Massnahmen man dem entgegenwirken könnte. Der Nationalrat hat die Vorlage abgelehnt. Der Ständerat hat hingegen Ja gesagt zu einem Vorstoss ihres Berner Mitglieds Hans Stöckli, der die Einführung eines elektronischen Medikationsplans bei der Verschreibung mehrerer Medikamente fordert. Dies ist insbesondere für Menschen im Alter ein wichtiges Thema, um unerwünschte Interaktionen zu verhindern.
BVG-Reform verabschiedet – Referendum angekündigt: Während 15 Monaten hat das Parlament über die Reform der 2. Säule diskutiert – und schlussendlich in der Einigungskonferenz der beiden Räte am Schluss der Frühjahrssession einen Kompromiss gefunden, der mehrheitsfähig war. Die Räte haben sich auf einen tieferen Umwandlungssatz von 6.8 auf 6 Prozent im obligatorischen Teil und eine Teilkompensation bei 15 Übergangsjahrgängen geeinigt. Angepasst wird mit der Vorlage auch die Hürde, ab welchem Einkommen Pensionskassenbeitrage bezahlt werden müssen. Der bisherige Koordinationsabzug wird abgeschafft und neu sind immer 80% des Lohnes versichert. Dies soll Teilzeitarbeitende besserstellen. Die Linke hat das Referendum angekündigt.
Aus Sicht einer guten Betreuung im Alter spielt die Pensionskasse eine Rolle für die finanzielle Stabilität der älteren Menschen. Sie ist aber nicht in der Form ausgestaltet, dass zusätzlich zu den allgemeinen Lebenskosten anfallende Betreuungskosten über sie gedeckt werden können. Das Wegfallen des Koordinationsabzuges kann Menschen, die wegen der Betreuung von Angehörigen tieferprozentig arbeiten, für die eigene Altersvorsorge zugutekommen. Gleichzeitig wurde es ein weiteres Mal verpasst, die in der AHV vorhandenen Erziehungs- und Betreuungsgutschriften auch in der 2. Säule einzufügen und so einen substanziellen Beitrag für die Altersvorsorge von betreuenden Angehörigen zu leisten.
Nein zu Änderungen bei der AHV: Eine Kehrtwende vollzogen hat das Parlament beim Teuerungsausgleich der AHV-Rente. Während in der Wintersession das Anliegen, den vollen Teuerungsausgleich jedes Jahr zu vollziehen, noch eine Mehrheit in beiden Räten fand, wurde die Umsetzungsvorlage nun abgelehnt. Auch lehnen die beiden Räte die von den Gewerkschaften getragene Volksinitiative für eine 13. AHV-Rente ohne Gegenvorschlag ab. Bisher nur der Ständerat lehnt auch die AHV-Initiative der Jungfreisinnigen ohne Gegenvorschlag ab, die Debatte im Nationalrat steht noch aus. Die Jungfreisinnigen fordern eine Erhöhung des Rentenalters auf 66 und danach eine laufende Anpassung: Pro Monat zusätzlicher Lebenserwartung soll das AHV-Alter um 0.8 Monate steigen.
Forderung nach einer Betreuungsstrategie Alter und Behinderung: Neu eingereicht wurde ein Vorstoss, der eine nationale Strategie zu Betreuung und Wohnen in den Bereichen Alter und Behinderung fordert. Der Vorstoss wurde gleichlautend im Ständerat und im Nationalrat eingereicht, von den beiden Co-Präsidentinnen der parlamentarischen Gruppe für Altersfragen, Marina Carobbio und Christine Buillard-Marbach. Der Vorstoss liegt aktuell nur auf Französisch vor: Stratégie nationale en matière d'accompagnement et de logement dans les domaines de la Vieillesse et du Handicap. Aus Sicht einer guten Betreuung im Alter wäre ein solcher Strategieprozess sehr zu begrüssen, gerade auch mit Blick auf die beiden Bereiche und was sie voneinander lernen können. Wichtig wäre dabei der breite Einbezug der Fachwelt, Wissenschaft und Praxis.
Sensibilisierungskampagne zu Gewalt im Alter: Die Schweizerische Kriminalprävention, das Kompetenzzentrum Alter ohne Gewalt und die Opferhilfe Schweiz haben Ende März gemeinsam eine Kampagne unter dem Motto «Es ist nie zu spät, Hilfe zu holen» gestartet. Im Bundesparlament warten wir auf die Behandlung des Vorstosses von Ida Glanzmann für ein Impulsprogramm zur Prävention von Gewalt im Alter mit Fokus auf Betreuung, das eine Vertiefung des Themas in der Wissenschaft und in der Praxis sowie eine Vernetzung und Stärkung der Akteure ermöglichen würde.
Schlussendlich bleibt der Hinweis, dass wir weiterhin auf den Start der Vernehmlassung zur Umsetzung der Motion 18.3716 «Ergänzungsleistungen für betreutes Wohnen» warten. Angekündigt war diese für Herbst 2022, bisher kam kein entsprechender Bundesratsentscheid dazu. Angesichts des Spardrucks hat das Geschäft im Bundesrat wohl einen schwierigen Stand. Neuigkeiten werden wir in unserem Dossier auf gutaltern.ch publizieren.
Aus Sicht der Betreuung im Alter wurden an der Wintersession 2022 vom 28. November bis 16. Dezember folgende relevante Geschäfte behandelt:
Zwei Vorstösse zur Angleichung der AHV- an die IV-Leistungen überwiesen: Gleich zwei Vorstösse wurden von der zuständigen Kommission SGK des Nationalrats dem Parlament vorgelegt, die die grossen Unterschiede im Leistungsbezug zwischen IV- und AHV-Rentnerinnen und -Rentnern angleichen wollen – unter dem politischen Ziel, die ambulante Versorgung zu stärken:
Die Motion 22.4261 von Thomas de Courten (SVP, BL) fokussiert auf die Leistungen bei den Hilfsmitteln in den beiden Sozialversicherungen. Die Motion weist darauf hin, dass der Unterschied «zwischen den Leistungen der IV und der AHV sehr ausgeprägt» ist und beauftragt den Bundesrat «gezielt bestimmte Hilfsmittel der Liste gemäss Artikel 21 des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (IVG) zu übernehmen». Als nächstes muss der Ständerat über die Motion befinden.
Das Postulat 22.4262 von Lorenz Hess (Mitte, BE) fordert im gleichen Kontext die Prüfung der Einführung des Assistenzbeitrages in der AHV, wie wir ihn schon aus der IV kennen. Mit der Überweisung des Postulates durch den Nationalrat muss der Bundesrat dazu einen Bericht ausarbeiten. Auch in dem von der Paul Schiller Stiftung in Auftrag gegebenen Gutachten bei Prof. Dr. iur. Landolt wird ein Assistenzbeitrag in der AHV angeregt.
Einheitliche Finanzierung ambulant und stationär EFAS: Nachdem das Geschäft zwei Jahre in der ständerätlichen Kommission diskutiert wurde, folgte die Debatte im Gesamtrat. Im heutigen System finanzieren im stationären Bereich die Kantone 55% und die Krankenkassen 45%, im ambulanten Bereich läuft die Finanzierung ganz über die Krankenkassen. Das ursprüngliche Geschäft sah eine einheitliche Finanzierung im Bereich der Akutmedizin vor, daran anschliessend wurde insbesondere von den Kantonen die Integration der Pflegefinanzierung in diesen Systemwechsel gefordert. Der Ständerat hat diese Integration der Pflege nun realisiert und sieht nach der einheitlichen Finanzierung im Akutbereich mit zeitlichem Abstand auch eine einheitliche Pflegefinanzierung vor. Die Verzögerung ergibt sich aus der Tatsache, dass die Kostentransparenz noch zu wenig gegeben und deshalb ein grösserer Vorlauf notwendig sei. Das neue Tarifsystem in der Pflege soll erarbeitet werden von einer neu zu gründenden Tariforganisation, in der Leistungserbringer und Finanzierer Einsitz nehmen.
Als nächstes wird der Nationalrat erneut über das Geschäft befinden, er hat das letzte Mal die Integration der Pflege abgelehnt. Sollte EFAS auch für Pflege gelten, hätte dies auch Auswirkungen auf die Betreuungsfinanzierung. Einerseits indirekt, indem die neue Tarifausgestaltung darüber entscheiden wird, ob und wie stark es möglich ist, Pflege mit betreuender Grundhaltung auszuführen. Andererseits direkt, indem die Schnittstelle zur Betreuung dann die neue Grenze des Finanzierungssystems darstellen wird – alles andere ist dann über eine einheitliche Finanzierung gesteuert. Zudem wird die geforderte Transparenz auch die Betreuungstaxe im Heimbereich betreffen. Aus Sicht der Betreuung im Alter wäre es wichtig, bereits im Zuge der heutigen Debatte sicher zu stellen, dass auch die Betreuungsfinanzierung in den nächsten sieben Jahren angegangen wird. Die erhofften Wirkungen von EFAS im Pflegebereich (integrierte Versorgung, ambulant vor stationär) treten nur dann ein, wenn die Finanzierung der psychosozialen Leistungen ebenfalls geklärt ist.
Umsetzung der Pflegeinitiative: Der Nationalrat hat als Zweitrat dem Teil I zur Umsetzung der Pflegeinitiative (20.040) zugestimmt. Dieses Paket entspricht inhaltlich dem indirekten Gegenvorschlag und fokussiert entsprechend auf die Ausbildungsoffensive, die bereits einmal vom Parlament verabschiedet wurde. Das Geschäft wurde in der Schlussabstimmung von beiden Räten angenommen und ist damit verabschiedet.
Schlussendlich bleibt der Hinweis, dass wir weiterhin auf den Start der Vernehmlassung zur Umsetzung der Motion 18.3716 «Ergänzungsleistungen für betreutes Wohnen» warten. Angekündigt war diese für Mitte Oktober, bisher kam kein entsprechender Bundesratsentscheid dazu. Wir hoffen auf das neue Jahr und werden Neuigkeiten jederzeit in unserem Dossier auf gutaltern.ch publizieren.
Aus Sicht der Betreuung im Alter wurden an der Herbstsession 2022 vom 12. bis 30. September folgende relevante Geschäfte behandelt:
Ja zu AHV21 – Reduktion der Wartefrist bei Hilflosenentschädigung: Mit dem Volks-Ja zur AHV-Revision wird auch eine mit Blick auf die Betreuung im Alter wichtige Reduktion der Wartefrist in der Hilflosenentschädigung gutgeheissen. Unter dem Radar der öffentlichen Debatte wurde damit in der sonst von Sparelementen geprägten Vorlage ein kleiner Ausbau realisiert. Während heute mit der gesetzlichen Karenzfrist vom Einreichen des Antrags bis zur Auszahlung des ersten Beitrages 12 Monate vergehen, wird diese mit der Umsetzung der Reform auf die Hälfte reduziert. Ein kleines Puzzlestück, um die Betreuungsfinanzierung ein wenig zugänglicher zu machen. Der ursprünglich eingereichte Antrag auf Reduktion auf eine dreimonatige Frist fand in den Räten keine Mehrheit.
Voller Teuerungsausgleich für AHV: Beide Räte haben Motionen zugestimmt, die den vollen Teuerungsausgleich für AHV-Rentner:innen verlangen. Da die Vorstösse in den beiden Räten nicht exakt gleich lauten, müssen im Dezember noch je die Vorstösse aus dem anderen Rat gutheissen werden. Die Umsetzung soll trotzdem bereits auf Anfang 2023 erfolgen.
Demenz: Der Nationalrat hatte sie vor einem Jahr noch angenommen, der Ständerat lehnt sie ganz knapp mit 22 zu 21 Stimmen ab: Die Motion 19.4194 zur Finanzierung von Pflegeleistungen für Menschen mit Demenz. Begründet wurde die Ablehnung unter anderem damit, dass man nicht für einzelne Krankheitsbilder separate Verfahren definieren sollte und die Folgekosten zudem bei den eh schon steigenden Gesundheitskosten nicht opportun seien.
Das thematisch noch stärker auf Betreuung (anstelle der Pflege) fokussierte Postulat 22.3867 der SGK-N für eine verbesserte Finanzierung der Betreuung von Menschen mit Demenz wurde vom Nationalrat entgegen dem Willen des Bundesrates angenommen. In den Voten wurde darauf verwiesen, dass es nach der Ablehnung des anderen Vorstosses durch den Ständerat wichtig sei, hier das Thema weiterzuverfolgen. Der Bundesrat lehnte den Vorstoss ab, weil er einerseits Fragen aufwirft, die man noch nicht beantworten könne, und andererseits Themen erwähne, bei denen schon einiges laufe. Die Votierenden haben den grossen Handlungsbedarf unterstrichen, einige haben auch eine entsprechende Anpassung der Hilfslosenentschädigung angeregt. Bundesrat Berset hat auf die vom Bundesamt für Sozialversicherung in Auftrag gegebene Studie rund um Betreuung im Alter verwiesen, die im Sommer 2023 vorliegen sollte.
Institutionen in Pandemien: Ebenfalls ganz knapp – mit 93 zu 94 Stimmen – hat der Nationalrat das Postulat 20.4016 «Systemrelevanz sozialer Einrichtungen bei Pandemien anerkennen» abgelehnt. Der auszuarbeitende Bericht hätte Gegensteuer geben sollen, damit bei einer nächsten Pandemie(welle) der Fokus nicht mehr so stark auf der Akutmedizin, sondern auch auf der Langzeitpflege und den Heimen liegt.
Pflegeinitiative: Der Ständerat hat einem ersten Geschäft 22.040 zur Umsetzung der Pflegeinitiative ohne Gegenstimmen zugestimmt. Dieses entspricht inhaltlich dem indirekten Gegenvorschlag und fokussiert entsprechend auf die Ausbildungsoffensive, die bereits einmal vom Parlament verabschiedet wurde. Das Geschäft geht nun in den Nationalrat.
Angleichung AHV-Leistungen an IV: Fast schon ein Detail, aber mit übergeordnetem Blick doch interessant: Der Ständerat hat mit der Zustimmung zur Motion 21.4036 «Orthopädische Schuhe für Personen mit Diabetes. Stopp der schmerzlichen Verschlechterung der Leistungen beim Übergang von der IV zur AHV!» eine «störende» tiefere Leistung in der AHV im Vergleich zur IV behoben. Es geht in diesem konkreten Fall um orthopädische Schuhe, die als ‘Hilfsmittel’ bezahlt werden. Menschen, die vor dem Alter von 65 Jahren orthopädische Schuhe brauchen, erhalten jedes Jahr ein neues Paar bezahlt. Menschen, die mit über 65 Jahren darauf angewiesen sind, erhalten nur alle zwei Jahre ein Paar neue Schuhe bezahlt. Dies wurde nun angeglichen, mit Kostenfolgen von geschätzten 4 Millionen Franken. Ein vergleichender Blick auf die Leistungen der IV und der AHV im von der Paul Schiller Stiftung publizierten Gutachten von Prof. Dr. iur. Landolt zeigt: Auch rund um die Ergänzungsleistungen für betreutes Wohnen gibt es unhaltbare Differenzen.
Zuletzt bleibt der Hinweis, dass der Grund für die Realisierung dieses Gutachtens, nämlich die Umsetzung der Motion 18.3716 «Ergänzungsleistungen für betreutes Wohnen», in Bälde in die nächste Runde geht: Wir erwarten ab Mitte Oktober die Vernehmlassungsvorlage dazu. Neuigkeiten jederzeit in unserem Dossier auf gutaltern.ch.
Aus Sicht der Betreuung im Alter wurden an der Sommersession 2022 vom 30. Mai bis 17. Juni folgende relevante Geschäfte behandelt:
Betreuungsgutschriften/betreuende Angehörige: Der Ständerat hat das Postulat 22.3370 «Care Arbeit. Erziehungs- und Betreuungsgutschriften aufwerten», das an der Frauensession 2021 entstanden ist, gutgeheissen. Der Bundesrat muss somit einen Bericht vorlegen, wie die Erziehungs- und Betreuungsgutschriften erweitert werden könnten, zum Beispiel indem die Anzahl minimale Pflegetage oder die Entfernung zum Wohnort der betreuungsbedürftigen Person reduziert wird und somit die Eintrittshürden tiefer werden. Auch explizit prüfen soll der Bundesrat die Ausweitung des Personenkreises, zum Beispiel auf Grosseltern. Mit den Betreuungsgutschriften wird ein fiktives Einkommen angenommen, das dem individuellen AHV-Konto der betreuenden Person gutgeschrieben wird, um Ausfälle in der Altersvorsorge auszugleichen.
Ohne Diskussion abgeschrieben wurde die Interpellation 20.3723 von Nationalrätin Gysi, die verlangte dass im IV-Bereich während Pandemiezeiten auch Angehörige mit Assistenzbeiträgen entschädigt werden können (im Normalfall dürfen Assistenzgelder nur für Nicht-Angehörige eingesetzt werden). Der Bundesrat lehnte den Vorstoss ab, nun wurde der Vorstoss wegen Ablauf der Zwei-Jahres-Frist seit Einreichung ohne Diskussion abgeschrieben.
Gewalt im Alter: In der letzten Session wurde der Vorstoss vom Ständerat gutgeheissen, nun auch vom Nationalrat: Mit der Annahme der Motion Maret 21.4418 wird der Bund beauftragt, eine grosse, regelmässige Präventionskampagne gegen häusliche, sexuelle und geschlechtsbezogene Gewalt zu starten. Sobald auch noch der Ständerat dem ähnlich lautenden Vorstoss der WBK-N 22.3011 zugestimmt hat, steht den Aufbauarbeiten nichts mehr im Weg. Die Kampagne soll über die Jahre hinweg auch unterschiedliche Formen von Gewalt berücksichtigen. So wäre auch ein Schwerpunkt zu Gewalt im Alter denkbar, was ein allfälliges Impulsprogramm zur Prävention von Gewalt im Alter ideal ergänzen würde.
Volksinitiativen Gesundheitswesen: Der Nationalrat hat zwei Volksinitiativen zu den Kosten im Gesundheitswesen besprochen. Während die Finanzierung der Betreuung dabei kein explizites Thema ist, so beeinflusst die Realisierung der erarbeiten Gegenvorschläge das Umfeld, in dem Betreuung erbracht wird.
Die «Kostenbremse-Initiative» der Mitte (ehemals CVP) möchte in der Verfassung eine Kostenbremse in der obligatorischen Krankenkasse einführen und die Kostenentwicklung parallel zur Gesamtwirtschaft und Lohnentwicklung gestalten. Die Initiative wird vom Nationalrat abgelehnt, ein indirekter Gegenvorschlag wurde jedoch gutgeheissen: Bund und Kantone sollen ausgehend vom medizinischen Bedarf einen Prozentsatz für die maximale Entwicklung der Kosten der OKP (Obligatorische Krankenpflegeversicherung) im Vergleich zum Vorjahr festlegen. Dabei wird insbesondere auch der demografischen Entwicklung in den einzelnen Kantonen Rechnung getragen. Werden die festgelegten Ziele überschritten, so prüfen Bundesrat und Kantone Massnahmen zur Korrektur dieser Fehlentwicklungen, primär über bestehende Mittel wie Leistungserbringerzulassungen, Genehmigung von Tarifverträgen etc).
Die «Prämien-Entlastungs-Initiative» der SP verlangt vom Bund eine zusätzliche Abfederung der Prämienkosten für Einzelpersonen und Familien über die Prämienverbilligungen. Die SP beruft sich dabei auf die bei der Einführung der obligatorischen Krankenkasse gemachte Aussage, dass Krankenkassenkosten nicht mehr als 10% des Einkommens ausmachen sollten. Der Nationalrat will nicht ganz so grosszügig wie die Initiative sein (geschätzte Kostenfolge: 4 Mia. CHF), spricht sich aber für ein neues Modell der Prämienverbilligung aus, dass mit rund 2 Mia. CHF eine wesentliche Entlastung der Privathaushalte bedeuten würde.
Als nächstes diskutiert der Ständerat die beiden Initiativen.
Parallel zur Sommersession der eidgenössischen Räte ebenfalls erwähnenswert: Der Schweizerische Städteverband hat ein Positionspapier zu «Hilfe und Betreuung im Alter – für eine umfassende Alterspolitik» publiziert und fordert politisches Handeln auf allen föderalen Ebenen.
Das Netzwerk Gutes Alter hat zudem einen aktualisierten Text seiner geplanten Volksinitiative an der MV verabschiedet. Diese fordert, dass Bund und Kantone dafür sorgen, «dass alle betagten Personen in der Schweiz ihren Bedürfnissen entsprechend, in hoher Qualität und durch ein koordiniertes Leistungsangebot in ihrem Alltag unterstützt und betreut werden.»
Aus Sicht der Betreuung im Alter wurden an der Frühjahrssession 2022 vom 28. Februar bis 18. März folgende relevante Geschäfte behandelt:
Betreuende Angehörige: Der Ständerat hat die Motion 21.4517 von Marianne Maret seiner zuständigen Kommission zugewiesen, um Chancen und Herausforderungen genauer zu prüfen. Er hat somit inhaltlich noch nicht darüber befunden. Die Debatte wird in der Kommission vertieft.
Demenz: Der Ständerat hat den Vorstoss 18.3835 von alt Nationalrat Eymann für ein Nationales Forschungsprogramm zur Alzheimerkrankheit abgelehnt. Während die Wichtigkeit des Themas von niemandem bestritten wurde, zählte das Argument mehr, dass sich die Politik nicht in die Forschungsschwerpunkte einmischen sollte. Alzheimer Schweiz hat auf den Entscheid postwendend reagiert und engagiert sich direkt beim Nationalfonds, um ein Projekt zur Demenzforschung einzugeben. Ein solches Programm soll sowohl medizinische als auch psycho-soziale Behandlungsmöglichkeiten berücksichtigen.
Gewalt im Alter: Sowohl im Ständerat (Motion Maret 21.4418) als auch im Nationalrat (Motion WBK-NR 22.3011) wurde die Idee gutgeheissen, eine grosse, regelmässige Präventionskampagne gegen häusliche, sexuelle und geschlechtsbezogene Gewalt zu starten. Die Kampagne soll sich in Grösse und Wirkung an der AIDS-Kampagne orientieren und über die Jahre hinweg auch unterschiedliche Formen von Gewalt berücksichtigen. So wäre auch ein Schwerpunkt zu Gewalt im Alter denkbar. Dies wäre eine ideale Ergänzung zu einem möglichen Impulsprogramm zur Prävention von Gewalt im Alter, das der Bund gegenwärtig mit den Kantonen prüft.
In der Herbstsession 2021 vom 29. November bis 17. Dezember wurden zwei Geschäfte mit Relevanz zu Betreuung im Alter behandelt:
Im Rahmen der grossen Debatte zur AHV-Reform (AHV 21) hat die nationalrätliche Gesundheits- und Sozialkommission eine Reduktion der Wartefrist bei Beantragung der Hilflosenentschädigung eingebracht. Mit dem ersten Vorschlag, die Karenzfrist von 12 auf 3 Monate zu senken, ist sie in der Herbstsession noch im Ständerat gescheitert. Diesmal hat sie eine Reduktion auf 6 Monate vorgeschlagen und dafür eine Mehrheit in beiden Räten gefunden – trotz den geschätzten Mehrkosten von 80 Millionen Franken. Mit dieser verkürzten Wartezeit ist eine raschere Umsetzung von Betreuungsmassnahmen möglich, was sehr zu begrüssen ist. Die gesamte AHV-Reform, deren Schwerpunkt die Erhöhung des Frauen-Rentenalters ist, wurde von den Räten verabschiedet. Sie bleibt jedoch umstritten: die Linke hat ein Referendum angekündigt. Der definitive Entscheid fällt also voraussichtlich nächstes Jahr das Volk.
Hingegen hat der Nationalrat ein Postulat von Barbara Gysi (SP, SG) mit 83 zu 100 Stimmen abgelehnt. Dieses hätte einen Bericht verlangt, der aufzeigt, wie Betreuung und Pflege wieder zusammengeführt werden könnten. Der Rat folgte damit der Argumentation des Bundesrates, welcher der Ansicht ist, er habe das Thema bereits in mehreren Berichten rund um die Pflegefinanzierung vertieft und die Trennung entspreche dem parlamentarischen Willen der 2011 eingeführten Pflegefinanzierung.
Sämtliche Veränderungen in Geschäften, die für Betreuung im Alter von Bedeutung sind, finden Sie in der aktualisierten Politiklandschaft:
In der Herbstsession 2021 vom 13. September bis 1. Oktober wenige Geschäfte mit Relevanz für die Betreuung im Alter behandelt:
Im Rahmen der grossen Debatte zur AHV-Reform (AHV 21) hatte der Nationalrat in der letzten Session einer Senkung der Wartefrist bei der Beantragung der Hilflosenentschädigung von 12 auf 3 Monaten zugestimmt, um so das Wohnen zu Hause zu fördern. Der Ständerat hat diese Reduktion abgelehnt – mit der Begründung, dass mit einer gekürzten Wartefrist die Unterscheidung zwischen langfristiger Hilflosigkeit und vorübergehender Erkrankung nicht mehr sichergestellt werden kann. Zudem seien die finanziellen Folgen schwierig abzuschätzen. Das Geschäft geht zurück an den Nationalrat, die zuständige Kommission diskutiert im Oktober weiter.
Beide Räte haben mehreren Vorstössen zugestimmt, die ein 24-Stunden-Beratungsangebot für von Gewalt betroffene Personen fordert. Der Bundesrat betont, dass er bereits in Planung einer solchen ist. In der Umsetzung wird es nun darum gehen, sicherzustellen, dass auch von Gewalt betroffene ältere Menschen Zugang zu Beratung erhalten.
Der Nationalrat hat der Motion «Finanzierung von Pflegeleistungen für Menschen mit Demenz» zugestimmt. Die Motionärin Maya Graf, bzw. Manuela Weichelt fordern eine entsprechende Anpassung der Krankenpflege-Leistungsverordnung KLV. Trotz der empfohlenen Ablehnung durch den Bundesrat hat der Nationalrat mit 136 zu 46 Stimmen bei 10 Enthaltungen der Motion zugestimmt. Obwohl die Lücke bei der Unterstützung der Demenzkranken stark im Betreuungsbereich liegt, fordert dieser Vorstoss eine erweiterte Finanzierung der Pflege. Als nächstes entscheidet der Ständerat über die Vorlage. Sollte es zu einer Überweisung an den Bundesrat kommen, wird die Umsetzung gerade auch im Hinblick auf die Betreuungsfinanzierung interessant zu beobachten sein.
Weitere Vorstösse finden sich in der aktualisierten Politiklandschaft:
Aus Sicht der Betreuung im Alter wurden an der Sommersession 2021 vom 31. Mai bis 18. Juni folgende relevante Geschäfte behandelt:
Im Rahmen der grossen Debatte zur AHV-Reform (AHV 21) ist der Nationalrat seiner Kommissionsmehrheit gefolgt und hat einer Senkung der Wartefrist bei der Beantragung der Hilflosenentschädigung von 12 auf 3 Monaten zugestimmt, um so das Wohnen zu Hause zu fördern. Diese Reduktion der Karenzfrist wäre eine Verbesserung für die Betreuung zu Hause, die so rascher finanziert werden könnte. Der Hauptpfeiler der Vorlage – die Anhebung des Frauenrentenalters auf 65 Jahre – würde hingegen die Ressourcen in der Angehörigenbetreuung und Freiwilligenarbeit weiter reduzieren.
Der Bundesrat und die Mehrheit des Parlamentes empfehlen die Pflegeinitiative zur Ablehnung. Das Initiativkomitee hat beschlossen, trotz des vom Parlament im März verabschiedeten indirekten Gegenvorschlages die Initiative nicht zurückzuziehen. Aus Sicht der Initianten fehlen genau jene zentralen Elemente (bessere Arbeitsbedingungen und bedarfsbasierte Personaldotation), die helfen würden, ausgebildete Pflegende im Beruf zu halten und die Pflegequalität zu sichern. Es kommt damit zur Volksabstimmung.
Nach dem Ständerat hat auch der Nationalrat die Motion für eine angemessene Finanzierung der Palliative Care einstimmig angenommen. Die Bundesverwaltung wird nun in einem nächsten Schritt Vorschläge zur Umsetzung erarbeiten.
Im Rahmen der Vorlage «Massnahmenpaket zur Kostendämpfung Paket 1» (19.046) schlägt der Bundesrat einen Experimentierartikel vor, um «innovative und kostendämpfende Projekte ausserhalb des ‹normalen› Rahmens des KVG» zu ermöglichen. Beide Räte haben diesem nun zugestimmt und die Vorlage mit der Schlussabstimmung definitiv verabschiedet. Explizit gesucht sind dabei auch Projekte im Bereich der «koordinierten und integrierten Gesundheitsversorgung» – was möglichen Spielraum für Projekte lässt, die Betreuung mitberücksichtigen. Dies umso mehr, als mit der jetzt verabschiedeten Vorlage auch Projekte bewilligt werden können, die von den gesetzlichen Regeln abweichen. Das zuständige Departement erarbeitet nun die dazugehörige Verordnung.
Der Ständerat hat das Postulat für eine Kosten-Nutzen-Analyse von betrieblichen Massnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Angehörigenbetreuung, entgegen des Antrags des Bundesrates, angenommen. Die Bundesverwaltung wird nun einen Bericht dazu ausarbeiten. Neu eingereicht wurden einige Vorstösse mit Bezug zu Betreuung im Alter. Besonders hervorzuheben ist die Motion von Nationalrätin Ida Glanzmann für ein Impulsprogramm gegen Gewalt im Alter mit Fokus auf Betreuung. Der Vorstoss wurde von knapp 80 Mitgliedern aus allen Parteien mitunterzeichnet. Pierre-Yves Maillard verlangt mit einer Motion, dass der 30. Oktober zum nationalen Tag der betreuenden Angehörigen werden soll.
Weitere Vorstösse finden sich in der aktualisierten Politiklandschaft:
Aus Sicht der Betreuung im Alter wurden an der Frühjahrssession 2021 vom 1. bis 19. März folgende relevante Geschäfte behandelt:
Der indirekte Gegenvorschlag zur Pflegeinitiative wurde verabschiedet. Nach einem letzten Hin und Her zwischen den Räten konnte in der Einigungskonferenz ein Kompromiss gefunden werden, dem beide Kammern zustimmten. Der Ständerat hat dabei in weiten Teilen eingelenkt und sich hinter die Vorschläge des Nationalrats gestellt. Insbesondere hat er die Muss-Formulierung bei der Beteiligung der Kantone an der Ausbildungsfinanzierung akzeptiert sowie auf die Forderung verzichtet, dass jede einzelne Pflegefachperson Verträge mit den Krankenkassen schliessen muss. Dafür wurden Passagen integriert, die der Kontrolle des Leistungswachstums dienen sollen.
Von Seiten des SBK als Träger der Initiative wurde der Gegenvorschlag im Grundsatz begrüsst, jedoch bedauert, dass «das Problem der vielen Berufsaussteiger*innen nicht angegangen wird». Der Entscheid über einen Rückzug der Initiative werde im Juni gefällt.
Zwei parlamentarische Initiativen aus dem Jahr 2011 (11.411, 11.412) von der damaligen Nationalrätin Lucrezia Meier-Schatz zur Unterstützung von betreuenden Angehörigen wurden abgeschrieben. Trotz mehrmaliger Versuche im Laufe der Jahre konnte nie eine besprechungsreife Vorlage erarbeitet werden.
Im Rahmen der Vorlage «Massnahmenpaket zur Kostendämpfung Paket 1» (19.046) schlägt der Bundesrat einen Experimentierartikel vor um «innovative und kostendämpfende Projekte ausserhalb des ‹normalen› Rahmens des KVG» zu ermöglichen. Darunter wären möglicherweise auch Projekte mit Bezug zur Betreuungsversorgung denkbar. Während beide Räte dies grundsätzlich begrüssen, sind sie sich in den Fragen der Ausgestaltung noch uneinig. In der nächsten Session wird die Debatte fortgeführt.
Mit der Vorlage «AHV21» präsentierte der Bundesrat nach dem Nein der Bevölkerung zur Altersvorsorge 2020 eine minimale Finanzierungsvorlage. Das Rentenalter der Frauen soll erhöht werden und die Übergangsgenerationen entschädigt werden. Zusatzeinnahmen werden über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer erreicht. Der Ständerat hat die Vorlage als Erstrat behandelt und eine Erhöhung des Frauen-Rentenalters auf 65 beschlossen – mit einem tieferen Ausgleich für die Übergangsgenerationen als vom Bundesrat vorgeschlagen. Eine Erhöhung des Frauenrentenalters wirkt sich auf die vorhandenen Ressourcen betreuender Angehöriger aus.
In der Wintersession 2020 vom 30. November bis zum 18. Dezember 2020 wurden folgende Geschäfte mit Bezug zur Betreuung im Alter behandelt:
Der Ständerat hat die Motion seiner Gesundheitskommission «Für eine angemessene Finanzierung der Palliative Care» (20.4264) überwiesen. Der Vorstoss beauftragt den Bundesrat, «die notwendigen gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, damit eine bedarfsgerechte Behandlung und Betreuung aller Menschen am Lebensende schweizweit gewährleistet ist». Damit lässt der Ständerat im Nachgang zur Nationalen Strategie Palliative Care von 2010 – 2015 und dem im September 2020 veröffentlichten Postulatsbericht «Bessere Betreuung und Behandlung von Menschen am Lebensende» die nächste Stufe folgen. Die in diesem Bericht aufgezeigten Finanzierungslücken sollen mit den neuen gesetzlichen Grundlagen geschlossen werden.
Der indirekte Gegenvorschlag zur Pflegeinitiative wurde ein weiteres Mal vom Ständerat behandelt. Er hat dabei erneut die Abschwächungen des nationalrätlichen Vorschlags bestätigt (Hauptpunkte: nur «kann»-Formulierung bei Ausbildungsunterstützung für Kantone, keine Vertragssicherheit für selbständig abrechnenden Pflegefachpersonen mit den Krankenkassen (die Krankenkassen können somit auswählen, mit welchen freischaffenden Pflegefachpersonen sie einen Vertrag eingehen, und nur diese können dann selbständig abrechnen. Dies im Gegensatz zu den Ärztinnen und Ärzten – denn alle zugelassenen Ärztinnen und Ärzte dürfen mit jeder Krankenkasse abrechnen). Damit wird der Nationalrat ein letztes Mal über den Gegenvorschlag debattieren. Wird keine gemeinsame Lösung gefunden, gibt es eine Einigungskonferenz zwischen den beiden Kammern.
Der SBK als Träger der Initiative teilte mit, dass das Initiativkomitee nach der Schlussabstimmung über den Gegenvorschlag und die Zukunft der Volksinitiative entscheiden wird. Als Komitee haben sie die Möglichkeit, diese zurückzuziehen, falls das Parlament mit seinem Gegenvorschlag wichtige Punkte umsetzt. In seiner Medienmitteilung hält der SBK nach dem Ständeratsentscheid fest: «Allerdings rückt ein Rückzug mit der Variante des Ständerates in weite Ferne.»
Wie bereits in der Herbstsession der Nationalrat hat nun auch der Ständerat einstimmig die Anpassung der Bezahlung des Pflegematerials gutgeheissen. Künftig sollen die Krankenversicherer die Finanzierung des Pflegematerials unabhängig dav Dateienon übernehmen, ob die Anwendung direkt durch Versicherte, eine nichtberuflich mitwirkende Person oder eine Pflegefachperson erfolgt. Da es inhaltlich eine kleine Differenz zum Nationalrat gab, muss dieser nochmal darüber bestimmen.
Weiter hat der Nationalrat das Postulat «Care-Arbeit ins Zentrum rücken» abgelehnt, während der Ständerat ein Postulat von Maya Graf zum «stärkeren Einbezug der Leistungserbringer und Behindertenorganisationen im Bereich der sozialen Betreuung und Langzeitpflege bei der Vorbereitung auf und Bewältigung von Pandemien» überwiesen hat.
Ebenfalls im Dezember wurde der Synthesebericht des Bundesamtes für Gesundheit zum Förderprogramm für betreuende Angehörige publiziert – er enthält 16 Empfehlungen, unter anderem für einkommensabhängige Tarife bei Betreuungs- und Entlastungsangeboten.
Beim Gegenvorschlag zur Pflegeinitiative hat der Nationalrat an seinen bisherigen Vorschlägen festgehalten und ist nicht auf die Abschwächungen, die der Ständerat an der Sommersession vorgenommen hat, eingetreten. Er bleibt dabei, die Kantone zu verpflichten, Beiträge an Pflegefachpersonen zu leisten, die sich diese Ausbildung nicht leisten können und er will daran festhalten, dass Pflegefachpersonen direkt mit den Krankenkassen abrechnen können – ohne je einzeln eine Vereinbarung mit den Krankenkassen zu haben. Der SBK als Initiant der Pflegeinitiative hat dieses Festhalten ebenso begrüsst wie Spitex Schweiz und Curaviva Schweiz. Der Ständerat muss somit an der Wintersession entscheiden, ob er an seinen Abschwächungen festhält oder einschwenkt.
Einstimmig hat der Nationalrat die Anpassung der Bezahlung des Pflegematerials gutgeheissen. Künftig sollen die Krankenversicherer die Finanzierung des Pflegematerials unabhängig davon übernehmen, ob die Anwendung direkt durch Versicherte, eine nichtberuflich mitwirkende Person oder eine Pflegefachperson erfolgt. Als nächstes muss der Ständerat zustimmen.
Bei der Diskussion der vorgeschlagenen Massnahmen zur Kostendämpfung im Gesundheitswesen zeigt sich, wie umkämpft bereits diese vom Bundesrat als unumstrittenen Vorschläge des Paket 1 zur Kostendämpfung sind. Interessant aus Sicht der Betreuung im Alter wäre insbesondere der Experimentierartikel, der erlauben würde, neue Formen der Leistungserbringung in Pilotprojekten auszutesten. Der Ständerat hat die Idee grundsätzlich gutgeheissen, jedoch sämtliche Einschränkungen abgelehnt und hat damit auch hier eine Differenz zur grossen Kammer geschaffen. Der Nationalrat wollte den Anwendungsbereich einschränken – und muss nun in der Wintersession darüber entscheiden, ob er daran festhält.
Weiter hat der Nationalrat eine Motion von FDP-Nationalrat Christoph Eymann für die Schaffung eines nationalen Forschungsprogramms zur Alzheimerkrankheit entgegen der Empfehlung des Bundesrates angenommen. Als nächstes befindet der Ständerat darüber.
Im Rahmen seiner wöchentlichen Sitzunge Dateienn hat der Bundesrat während der Herbstsession zudem Berichte zu Palliative Care und zur Prävention von Gewalt im Alter veröffentlicht.
Politlandschaft Herbstsession 2020
In der Sommersession haben die eidgenössischen Räte einige Geschäfte behandelt, die Berührungspunkte mit dem Thema Betreuung im Alter aufweisen: Der Gegenvorschlag zur Pflegeinitiative, der vom Ständerat abgeschwächt wurde, eine Integration eines Experimentierartikels ins KVG und die Ablehnung der Revision des Zivildienstgesetzes.
Wichtigstes Geschäft war dabei der Gegenvorschlag zur Pflegeinitiative. Während Bundesrat und Parlament die Initiative selber zur Ablehnung empfehlen, hat der Nationalrat einen indirekten Gegenvorschlag ausgearbeitet und mit mehreren Gesetzesänderungen die Besserstellung der Pflege angestrebt. Der Ständerat ist diesen Bemühungen nur teilweise gefolgt. Während er noch vor der Corona-Pandemie den Gegenvorschlag noch stärker mehr abschwächen wollte, führen auch die nun gefällten Entscheide zu einer klaren Abschwächung des nationalrätlichen Vorschlags: Er spricht weniger Geld für die Ausbildugnsoffensive und delegiert diese nur mittels einer «kann»-Formulierung an die Kantone.
Zudem sieht er eigenständige Leistungen der Pflegefachpersonen nur dann vor, wenn diese einen Vertrag mit den Krankenkassen haben (im Gegensatz zu anderen Leistungserbringern, mit denen die Krankenkassen abrechnen müssen).
Der Verband der Pflegefachpersonen als Initianten der Pflegeinitiative machen klar, dass damit ein Rückzug der Initiative nicht in Frage kommt. Und auch bisherige Unterstützer des Gegenvorschlags wie Spitex Schweiz und Curaviva kritisieren die Abschwächung des Gegenvorschlags.
Weiter interessant ist die Gutheissung eines Experimentierartikels im KVG durch den Nationalrat. Damit sollen Pilotprojekte auch ausserhalb der KVG-Bestimmungen möglich und unterstützt werden, sowohl in Bezug auf die Kostenminderung als auch die Qualitätsverbesserung.
In der Schlussabstimmung haben die beiden Räte die Revision des Zivildienstgesetzes abgelehnt. Ein Referendum war bereits angekündigt und die angestrebte Reduktion der Zivildienstleistenden wäre gerade auch in Altersinstitutionen spürbar gewesen.
Im Laufe der Session wurden mehrere Vorstösse neu eingereicht, die das Thema Betreuung im Alter zumindest am Rande berühren: Es sind dies die folgenden:
Motion 20.3176 Covid-19. Mehr Anerkennung für öffentliche Spitex (Fehlmann Rielle, SP GE)
Postulat 20.3560 Zukunftsfähigkeit des Schweizer Service Publik (Molina SP ZH)
Motion 20.3225 Mehr Lebensqualität und sichere Renten für alle (Noser FDP ZH)
Interpellation 20.3252 Ist es nicht diskriminierend, alle Personen ab 65 Jahren ohne Unterschied als „besonders gefährdet“ zu bezeichnen? (Feller FDP GE)
Neben der Session hat der Bundesrat zudem einen neuen Vorschlag für die Vergütung des Pflegematerials den Räten zur Behandlung überwiesen. So schlägt er vor, dass die Krankenversicherer neu die Finanzierung des Pflegematerials übernehmen, egal ob die Anwendung direkt durch die Versicherte, eine nichtberuflich mitwirkende Person (z. Bsp. betreuende Angehörige) oder eine Pflegefachperson erfolgt. Heute ist diese Finanzierung unterschiedlich geregelt. Das Geschäft wird Ende Juni erstmals in der zuständigen Kommission des Nationalrates besprochen.
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