Praxis

Mehr Möglichkeiten für die soziale Teilhabe dank Soziokultureller Animation

Ein sozialer Treffpunkt für Jung und Alt, das will das Pflegezentrum Riedbach in Adligenswil sein – für die 56 Bewohnenden, für die Mieterinnen und Mieter der dazugehörigen Alterswohnungen und für die Bevölkerung von Adligenswil. Hier kommt Milena Mischol ins Spiel. Die ausgebildete Soziokulturelle Animatorin FH ermöglicht Begegnungen, indem sie die Innen- und Aussenwelt oder die Menschen innerhalb des Pflegezentrums vernetzt. Dazu zählt auch die interdisziplinäre Zusammenarbeit im Riedbach, auf die sie grossen Wert legt.

Nach ihrer KV-Lehre in der Reisebranche kam Milena Mischol in einem Projekt mit älteren Menschen in Kontakt. Die Kombination aus Organisieren, Konzipieren und Sozialem gefiel ihr so gut, dass sie sich für ein Studium an der Hochschule für Soziale Arbeit mit Vertiefung Soziokulturelle Animation entschied und einen Schwerpunkt beim Thema Alter setzte. Weil Stellen für Soziokulturelle Animatoren im Altersbereich rar sind, sammelte sie nach dem Studium zunächst Erfahrung im Jugendbereich und baute eine Kinder- und Jugendanimationsstelle auf. Eine wertvolle Erfahrung, die sie als Teamleiterin Aktivierung in einem anderen Altersheim und anschliessend im Pflegezentrum Riedbach einbringen konnte: 2021 begann sie dort, die neu geschaffene Soziokulturstelle aufzubauen.

Menschen zusammenbringen

Ziel der Soziokulturellen Animatorin ist, den älteren Menschen die soziale Teilhabe und mehr Lebensfreude zu ermöglichen, und dadurch ihr psychosoziales Wohlbefinden zu fördern. Sie bringt Menschen zusammen.

Die Wünsche und Bedürfnisse holt sie nach Möglichkeit in Gesprächen mit den älteren Menschen ab. Im Gegensatz zum Jugendbereich braucht es in der Altersarbeit jedoch andere Methoden der Partizipation und einen anderen Zugang, um den Bewohnenden bedarfsgerechte Angebote (Veranstaltungen, Ausflüge) zu ermöglichen. Die älteren Menschen sind oftmals nicht in der Lage, ihre Bedürfnisse und Wünsche direkt zu äussern. Daher sind der interdisziplinäre Austausch und die Vernetzung im Team unabdingbar. Wie ein Angebot ankommt, lässt sich häufig erst an der nonverbalen Kommunikation der Bewohnenden erkennen. In dieser Position braucht es manchmal auch etwas Mut, Neues auszuprobieren, Angebote kritisch zu hinterfragen und so Anpassungen zum Wohl aller vorzunehmen.

Der Räbeliechtli-Umzug des Vereins Club junger Eltern zum Beispiel machte auf Milena Mischols Anfrage einen Umweg via Pflegezentrum. Die älteren Menschen freuten sich über die Begegnungen. Der Verein Club junger Eltern kamen anschliessend wiederum auf Milena Mischol zu, weil sie einen Raum für das Kasperli-Theater suchten. Das ermöglichte sie ihnen im Pflegezentrum gern – und handelte im Gegenzug eine Aufführung für die Bewohnenden aus. Vor der Aufführung gab es spontane Begegnungen: Die Kinder zeigten und erklärten den älteren Menschen die Kasperli-Figuren. Eine blinde Frau durfte sie auch in die Hände nehmen und ertasten.

Manchmal muss Milena Mischol gar nicht viel organisieren – vernetzen und informieren kann ausreichen: Eine Bewohnerin fand es schade, dass abends alle in ihre Zimmer gehen. Sie würde manchmal gerne noch jassen. Milena Mischol unterstützte sie dabei, andere auf die Idee aufmerksam zu machen. Noch am selben Tag fand der erste Jassabend statt – und wurde zu einem Selbstläufer.

Es braucht einen offenen Blick, um die Möglichkeiten zu erkennen, die sich innerhalb der Gemeinde mit Vereinen, Organisationen wie auch Individuen für Veranstaltungen oder dank dem Einsatz von Freiwilligen bieten. So können Angebote geschaffen und Synergien genutzt werden. Und es entstehen zusätzliche Ressourcen, Möglichkeiten und viele Win-Win-Situationen. Diese Kreativität ist es, die Milena Mischol an ihrer Arbeit fasziniert. Was sie aber besonders berührt, sind die Begegnungen mit den unterschiedlichsten Menschen und die schönen Momente, die dank ihrer Arbeit entstehen. Zum Beispiel, wenn der Jugendliche seine betagte Urgrossmutter am Lottonachmittag unterstützt und mit ihr zusammen spielt. Oder wenn Bewohnende, die sonst nicht mehr sprechen, ganze Sätze sagen oder strahlen und sichtlich Freude zeigen, statt wie im Alltag nur verhalten zu reagieren.

«Dank dem interdisziplinären Austausch im Team können wir Situationen gesamtheitlicher betrachten, vieles vereinfachen und fliessender gestalten.»
Milena Mischol, Soziokulturelle Animatorin FH

Interdisziplinäre Zusammenarbeit für passendere Angebote

Damit sie die Angebote bedürfnisgerecht weiterentwickeln kann, evaluiert Milena Mischol die Angebote und holt regelmässig Rückmeldungen ein – bei den älteren Menschen, den Mitwirkenden und den Mitarbeitenden wie auch in der interdisziplinären Teamsitzung. Denn oft sind mehrere Abteilungen in die Durchführung einer Veranstaltung involviert. Mit der Geschäftsführerin, der Hotellerie, der Küche, der Aktivierung und der Pflege plant sie, spinnt Ideen und bespricht, was verbessert werden könnte. «In diesen Treffen kommen sehr unterschiedliche Sichtweisen zusammen, das ist total wertvoll», betont Milena Mischol. «So können wir unsere Angebote auf die Bedürfnisse der Bewohnenden ausrichten.» Zum Beispiel wurde unter anderem dank Rückmeldungen aus der Pflege klar, dass viele die kulturellen Themenabende zwar schätzten, doch zu müde dafür waren. Die Anlässe wurden auf die Mittagszeit verschoben. «Dank dem interdisziplinären Austausch im Team können wir Situationen gesamtheitlicher betrachten, vieles vereinfachen und fliessender gestalten.» Besonders wichtig ist Milena Mischol die Zusammenarbeit mit dem Pflegefachpersonal und der Aktivierung.

Mehr Ressourcen für die Betreuung älterer Menschen

Unterstützung erhält Milena Mischol von den Freiwilligen, die sie koordiniert und betreut. «Die freiwillig Engagierten leisten einen wichtigen Beitrag in der Betreuung der älteren Menschen im Pflegezentrum Riedbach», betont sie. Dank den Freiwilligen ist immer wieder eine «eins zu eins Betreuung» möglich, in der auf die älteren Menschen und ihre momentanen individuellen Bedürfnisse eingegangen werden kann – sei das mit einem Gespräch, einem Spaziergang, einem ruhigen Beisammensein oder auch bei den Ausflügen. Die älteren Menschen schätzen das sehr.

Milena Mischol wünscht sich seitens der Politik mehr personelle und finanzielle Ressourcen für die Betreuung älterer Menschen, um ihr Wohlbefinden noch besser fördern zu können und ihnen eine möglichst gute Lebensqualität zu bieten.

Pflegezentrum Riedbach, Kurzfilm «Soziokulturelle Animation ist sichtbar»