Praxis

Singen kennt kein Alter

Im Programm «Singen kennt kein Alter» engagieren sich Freiwillige mit Liederstunden in Alterszentren der Region Bern für etwas Abwechslung in der Alltagsgestaltung und Kontakte mit der Welt ausserhalb der Alterszentren.

Das Alter ist häufig konnotiert mit dem Verlust von Fähigkeiten: «Man hört nicht mehr gut, man sieht nicht mehr gut und kann man den Alltag nicht mehr selbstständig bestreiten.» Singen wiederum, das verlernt man nicht. Singen können Menschen auch noch im vierten Lebensalter und es gibt ihnen die Gelegenheit, sich selbstwirksam zu erleben», erklärt Annekäthi Bischoff Musikgeragogin und Präsidentin des Vereins «Singen kennt kein Alter».

«Ich trage den ganzen Tag ein Lied auf den Lippen.»

«Es tut mir einfach gut. Es hilft mir, mich zu lockern und die Schmerzen zu ertragen», meldet ihr eine ältere Frau zurück. Eine andere sagt, sie trage nach der wöchentlichen Liederstunde den ganzen Tag ein Lied auf den Lippen.

Für die Freiwilligen bietet das Programm wiederum eine sinnstiftende Aufgabe nach der Pensionierung, eine Möglichkeit zur musikalischen Weiterentwicklung und einen Einblick in die Lebenswelt von hochbetagten Menschen in Alterszentren.

Mit Singen können sie auch ältere Menschen mit einer Demenzerkrankung erreichen. In einem Umfeld, in dem ihnen vieles nicht mehr möglich ist, legt das Sing-Angebot den Fokus auf den Erhalt einer vorhandenen Fähigkeit. «Das Musikgedächtnis bleibt lange erhalten und darüber können auch Verbindungen zur Vergangenheit hergestellt werden», sagt Bischoff. Sie erzählt von einer älteren Frau, die ganz versonnen war und dann die Erinnerung teilte, dass sie als Kinder oft mit der Mutter am Waldrand sassen und zusammen sangen.

Sich erinnern und sich ablenken

Singen schaffe bei Menschen, die aufgrund ihrer kognitiven Gegebenheiten auf der rationalen Ebene vielleicht öfter verwirrt werden, einen Zugang zu den Emotionen – Freuden, Trauer, Geborgenheitsgefühle, kleine Momente der Unbeschwertheit. Bischoff erzählt von einer 100-jährigen Frau: «Sie war meist in sich versunken, sprach nicht mehr viel und es war schwierig, noch mit ihr zu kommunizieren. Aber wenn wir mit ihr sangen, stimmte sie ein und dichtete sogar kreative eigene Strophen.»

Singen kennt kein Alter