Forum

Soziale Berufe in der Altersarbeit – strukturelle Hürden überwinden und Potenziale nutzen

Soziale Berufe spielen eine ganz entscheidende Rolle, wenn wir unser Ziel, gute Betreuung für alle alten Menschen in der Schweiz, erreichen wollen. Deshalb haben wir sie ins Zentrum unseres Forums vom 6. September 2022 gestellt.

Immer wieder wird die Fachfrau Betreuung in einem Demenzheim von ihren Kolleg:innen spontan aufgefordert, bei einer pflegerischen Tätigkeit «kurz auszuhelfen» – sie habe ja nichts zu tun, das dringend sei.

Dieser Praxiseinblick aus den Gruppendiskussionen am Forum zeigt beispielhaft: Soziale Berufe müssen in der Altersarbeit um ihren Raum, aber auch um ihre Finanzierung und gute Arbeitsbedingungen kämpfen.

Das Forum verdeutlichte aber nicht nur, wo es strukturelle Hürden gibt. Es unterstrich die Kompetenzen der sozialen Berufe, die mit ihrer eigenständigen Methodik den älteren Menschen, seinen Lebensalltag, seine Lebenswelt und seine Bezugspersonen ins Zentrum stellen. Die aufgezeigten Beispiele und die Haltungen der anwesenden Fachpersonen machten deutlich: Soziale Berufe unterstützen die eigenständige Lebensführung im Alter durch ihren systemischen Beratungsansatz, die entwicklungsorientierte Alltagsbegleitung und Netzwerkarbeit. Sie setzen an bestehenden Ressourcen an, entwickeln auf Augenhöhe mit dem alten Menschen und seinen Angehörigen, um ihm so ein selbstständiges Leben zu ermöglichen. Am Forum erfuhren wir auch von zahlreichen guten Ansätzen und Projekten, die heute schon wirken – oft aber Einzelfälle bleiben: Eine Sozialarbeiterin, die durch zahlreiche Gespräche im Quartier Kontakt zu Menschen aufbaut, die Betreuung brauchen, aber den Weg zu den Angeboten nicht finden. Oder ein Heimleiter, der in einer Philosophierunde mit seinen Bewohner:innen auch mal über das Frauenstimmrecht diskutiert. Es zeigt sich: Ausgehend vom Bedarf älterer Menschen müssen die bestehenden Handlungsspielräume genutzt – und gleichzeitig bessere Rahmenbedingungen eingefordert werden.

Dass die sozialen Berufe in der Altersarbeit nach wie vor einen schweren Stand haben, hat vielfältige Gründe. Diese reichen von Unkenntnis über Widerstände bis zur mangelhaften Finanzierung. Gleichzeitig zeigt sich mit Blick auf die demographische Entwicklung und den Fachkräftemangel in der Medizin und Pflege ein grosses Potenzial. Wir sehen zwei Hebel, an denen Sensibilisierung und Strukturwandel ansetzen können:

Es braucht einen Perspektivenwechsel. Sowohl in Bildungsgängen als auch in Altersorganisationen soll auf verschiedenen Ebenen eine Dynamik entstehen: Soziale Fragestellungen sollen stärker gewichtet werden. Bei der Fachentwicklung müssen der personenzentrierte Ansatz, sozialräumliche Systemkenntnisse, psychosoziale und agogische Fach- und Methodenkenntnisse aufgenommen werden. In der Praxis kann aufsuchende Altersarbeit die Betreuung durch Angehörige, Nachbarn und Freiwillige entlasten. Dabei ist es wichtig, das Potenzial der sozialen Berufe unbedingt auf allen Stufen zu nutzen: von direkter Unterstützung in der Alltagsgestaltung mit dem alten Menschen und Anleitung von Personal bis zu Kaderstellen im Führungs- und Fachbereich. Das Forum machte deutlich: Lebensqualität und Kosteneffizienz in der Altersarbeit können nur dann in Einklang gebracht werden, wenn die Trias von Hilfe, Betreuung und Pflege gesamthaft umgesetzt wird – und dazu kann der vermehrte Einsatz von Menschen mit sozialen Berufen einen wertvollen Beitrag leisten.

Die Paul Schiller Stiftung bleibt dran. Wir formulieren basierend auf den Forumsinhalten unser nächstes Impulspapier zum «Potenzial der sozialen Berufe». Das Ziel ist klar: Gemeinsam wollen wir dieses Potenzial freisetzen!

Die beiden Präsentationen von Franziska Zimmerli (SavoirSocial) und Eusebius Spescha (in Vertretung des erkrankten Prof. Dr. Carlo Knöpfel) vermitteln zusammen mit dem Fazit zum Forum von Miriam Wetter einen kleinen Rückblick auf die Veranstaltung:

Präsentation Franziska Zimmerli
Präsentation Eusebius Spescha
Fazit Miriam Wetter