Wenn Betreuung auf einer Demenz-Abteilung nicht mehr wegzudenken ist.

Das Beispiel der Stiftung für Betagte in Münsingen zeigt, wie wichtig in einem Alters- und Pflegeheim die Betreuung ist. Dazu gehört, die Betreuung in der Hierarchie zu verankern.

Auf der Demenzwohngruppe in Münsingen übernimmt an vier Vormittagen die Woche eine Sozialpädagogin die Frühstücksbegleitung. Sie gestaltet mit den alten Menschen gemeinsam den weiteren Verlauf des Tages, entsprechend ihren Bedürfnissen. Auch wenn sie gewisse Vorarbeiten geleistet hat, kann sie auf die verschiedenen Situationen auf der Abteilung reagieren. Wenn zum Beispiel eine Bewohnerin den Wunsch äussert, ihren längst verstorbenen Mann zu besuchen, versucht die Sozialpädagogin darauf einzugehen. «Da Ruhe reinzubringen und zu regulieren helfen, erfordert volle Präsenz», erklärt Simon Eugster, Leiter Soziales. Deshalb werde diese Arbeit so sehr geschätzt: «Die Pflegefachmitarbeitenden können mit der Morgenpflege im nächsten Zimmer fortfahren und wissen, dass jemand für die frühstückenden Bewohnenden da ist und sie begleitet.»

Betreuende sind nicht zum «Einspringen» da

Vier Betreuende erbringen an den drei Standorten des Alters- und Pflegeheims Münsingen Betreuungsleistungen: Je zwei Sozialpädagoginnen und Fachpersonen aktivierende Betreuung. Im Zentrum steht, für das soziale, emotionale, kognitive und körperliche Wohlbefinden der Bewohnenden zu sorgen und abwechslungsreiche Begegnungen zu ermöglichen.

Die Zusammenarbeit zwischen Pflege und Betreuung ist nicht immer unproblematisch, wie Eugster ausführt: «Wenn eine gelernte Sozialpädagogin einen älteren Menschen betreut, sieht das einfach aus: Man höckelt gemütlich beisammen und redet ein bisschen miteinander. In Tat und Wahrheit steckt viel Gesprächstechnik, Wissen und methodische Erfahrung dahinter.»

Immer wieder kann es in der Hektik des Heimalltags vorkommen, dass eine Pflegefachperson denkt, ‘Jetzt wäre es gäbig, wenn die Sozialpädagogin rasch einspringen könnte’. Ohne böse Absicht wird dadurch der Betreuungsauftrag untergeordnet und es entsteht der Eindruck, die Pflegearbeit sei wichtiger. Simon Eugster betont: «Es ist entscheidend, dass meine Mitarbeitenden bei ihrem Auftrag dranbleiben und ihn umsetzen können.» Es brauche eine hohe psychosoziale und agogische Fach-, Methoden- und Sozialkompetenz und gleichzeitig Kooperationsfähigkeit, um als einzige Mitarbeitende mit Fokus Betreuung in einem Team von Pflegenden bestehen zu können.

Knackpunkt Finanzierung

Für das Gelingen der Betreuung ist auch die Einbettung in der Hierarchie wichtig. In Münsingen sind sich die Stationsleitenden deren Bedeutung bewusst. Sie setzen sich für die Betreuung ein und bekennen sich dazu, «dass mindestens eine Person aus einer betreuerischen Position mitdenkt und mit den Menschen arbeitet». Und zudem brauche es in der Hierarchie jemanden wie ihn, sagt Eugster über sich: «Jemanden, der sich die Betreuungsqualität auf die Fahne schreibt und dieses Thema für den ganzen Betrieb zu implementieren versucht.»

Die Stiftung für Betagte hat die Betreuung in der Abteilung Betreuung und Pflege angesiedelt. «Sie wurde bewusst an erste Stelle gestellt, um ihr mehr Gewicht zu geben», erklärt Simon Eugster. Der Bedarf an Betreuung ist zwar viel grösser, als die vier Stellen abzudecken vermögen, dennoch ist ein Ausbau nicht möglich. Knackpunkt bleibt die Finanzierung.

Das Fazit von Simon Eugster drei Jahre nach Einführung der Betreuung in Münsingen: «Das ist eine Qualität, die wir gar nicht mehr missen möchten.»

Weitere Informationen: Stiftung für Betagte, Münsingen