Die Studie stellt vier bestehende Finanzierungsinstrumente vor, die in Richtung einer schweizweiten Finanzierung guter Betreuung im Alter weiterentwickelt werden können. Die Instrumente stehen teils in laufenden politischen Revisionsprozessen. Dazu hier eine kleine Übersicht:
Ergänzungsleistungen
Wird eine gute Betreuung im Alter über die Ergänzungsleistungen (EL) finanziert, werden die Leistungen der EL über die bereits heute finanzierten Krankheits- und Behinderungskosten hinaus ausgeweitet. So kommt ein vom Einkommen und Vermögen abhängiges System zur Deckung von Leistungen zum Tragen. Der Bund legt den Leistungskatalog fest, die Kantone finanzieren die Umsetzung.
Finanzierungsmodell Ergänzungsleistungen für Betreuung im Alter
Mit der überwiesenen Motion 18.3716 «Ergänzungsleistungen für betreutes Wohnen» sind Debatten zu einer Weiterentwicklung der Ergänzungsleistungen in diese Richtung am Laufen. Wichtig ist eine Umsetzung, welche eine Betreuung sowohl zu Hause, in intermediären Formen und in Heim angegliederten Wohnformen ermöglicht. Vergleiche dazu auch das Dossier «Ergänzungsleistungen».
Betreuungsentschädigung
Dieses Finanzierungsmodell geht vom System der Hilflosenentschädigung aus, das Teil der AHV ist. Die Finanzierung erfolgt unabhängig vom Einkommen und Vermögen. Die Betreuungsentschädigung würden also alle über 65-jährigen Personen erhalten, die Betreuung nachweislich benötigen. Das Geld würde als Pauschale ausbezahlt, die frei eingesetzt werden kann.
Finanzierungsmodell Betreuungsentschädigung
Im Rahmen der Debatte zur Revision «AHV21» hat der Nationalrat in der Sommersession 2021 einer Kürzung der Karenzfrist der Hilflosenentschädigung zugestimmt, was ein Element einer solchen Weiterentwicklung sein könnte (vgl. Rückblick Sommersession 2021). Die ständerätliche Kommission hat den Vorschlag abgelehnt. Die Debatte im Ständerat steht noch aus.
Betreuungsgutsprachen
Dieses Finanzierungsmodell schlägt individuelle Gutsprachen vor, die vom Einkommen, Vermögen und Bedarf abhängig sind. Die Steuerung des Angebots erfolgt durch die Auswahl der Leistungsanbietenden, bei denen die Gutsprache eingelöst werden kann.
Finanzierungsmodell Betreuungsgutsprachen
Die Gemeinden Luzern (Stadt Luzern – Anlaufstelle Alter) und Bern (Betreuungsgutsprachen — Stadt Bern) haben bereits Pilotprojekte mit Betreuungsgutsprachen am Laufen.
Anschubfinanzierung
Dieses Finanzierungsmodell schlägt eine Anschubfinanzierung für vier Jahre durch den Bund vor, mit einer Mitfinanzierungspflicht für die Kantone. Inspiriert vom Impulsprogramm Kinderbetreuung, berücksichtigt diese Anschubfinanzierung aber von Beginn weg auch die Qualitätssicherung.
Finanzierungsmodell Anschubfinanzierung gute Betreuung im Alter
Der Handlungsbedarf in der Betreuung im Alter zeichnet sich immer deutlicher ab. Durch die demografische Entwicklung werden im Jahr 2050 doppelt so viele über 80-Jährige in der Schweiz leben als heute. Jeder zehnte Einwohnende wird über 80 Jahre alt sein. Damit nimmt auch die Zahl jener stark zu, die neben der medizinischen Pflege auch eine psychosoziale Betreuung benötigen, um möglichst lange selbständig ihren Alltag zu gestalten und am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können.
Schon heute erhalten 620'000 Menschen in der Schweiz keine oder zu wenig Betreuung, obwohl sie darauf angewiesen wären. Dies belegt die neue Studie «Gute Betreuung im Alter – Kosten und Finanzierung». Die Lücke an Unterstützung ist gross, sowohl zu Hause als auch in den Heimen: Es fehlen 20 Millionen Betreuungsstunden. Dies entspricht einem Gegenwert von 0,8 bis 1,6 Milliarden Franken.
Ein Teil dieser Lücke muss staatlich finanziert werden. Nur mit einem staatlichen Engagement lässt sich sicherstellen, dass sich auch ältere Menschen mit bescheidenen finanziellen Mitteln eine gute Betreuung leisten können. Gleichzeitig muss das Angebot ausgebaut und weiterentwickelt werden.
Gute Betreuung hat auch volkswirtschaftlich betrachtet einen Nutzen: Sie hat präventive Wirkung, ermöglicht älteren Menschen länger ein selbständiges Leben und erleichtert den Angehörigen die Vereinbarkeit von Betreuung und Beruf.
Basierend auf den Studienresultaten wurde ein Synthesemodell entwickelt: Betreuungsgeld für Betreuungszeit.
Das Modell kombiniert unterschiedliche Finanzierungswege: Es sieht Stundenkontingente für ältere Personen mit Betreuungsbedarf vor – und leistet so mit einem Betreuungsgeld einen Beitrag an die hohen Kosten, die anfallen. Zudem werden mit diesem Modell eine schweizweit einheitliche Abklärung, aufsuchende Angebote und die Qualitätsentwicklung für Anbietende finanziert. Dank dieser Kombination wirkt das Modell auf mehreren Ebenen: Es behält die Qualität im Blick und macht Betreuung zugänglich – auch für Menschen mit bescheidenen finanziellen Mitteln und unabhängig von der Wohnform. Gleichzeitig lässt es politischen und föderalen Spielraum.
Synthesemodell Betreuungsgeld für Betreuungszeit
Bericht und Studie finden Sie hier.