Eine App für das selbstständige Leben im Quartier

Der Verein Vicino Luzern baut ein Unterstützungssystem auf, das älteren Menschen im Luzerner Neustadtquartier hilft, möglichst lang, möglichst sicher und möglichst selbstbestimmt im vertrauten Wohnumfeld zu leben. Zusammen mit Vicino entwickelt das iHomeLab, das Forschungszentrum für Gebäudeintelligenz der Hochschule Luzern – Technik & Architektur, im Projekt CABInet dazu eine App, die das Auffinden von Informationen und Hilfsangeboten im Quartier erleichtert.

Rolf Kistler ist Leiter der Forschungsgruppe Ambient Assisted Living (AAL) an der Hochschule Luzern. Das AAL-Team erforscht und testet Technologien, welche die Lebensqualität älterer Menschen verbessern und die Autonomie in ihren eigenen vier Wänden erhalten. Im Projekt CABInet greift Kistler als Entwicklungsverantwortlicher auf eine eigene Erfahrung zurück: «Als meine Mutter eine Physiotherapie benötigte, bekam ich von der Spitex einfach eine Liste mit Namen. Ich suchte jemanden, der nach Hause kommt. Auf der Liste war das jedoch nicht ersichtlich, so musste ich alle Anbieter durchtelefonieren. Es ist klar, dass die Spitex keine Empfehlung machen darf, aber einfache Informationen wie Arbeitstage, Spezialgebiete oder eben die Bereitschaft, nach Hause zu kommen, hätten mir bei der Suche viel Zeit gespart.»

Solche Informationen sind es, welche die neue App mit wenigen Klicks in einfacher Form zugänglich machen will. Dabei orientiert sich CABInet strikt an den Bedürfnissen der Nutzerinnen und Nutzer: Jeder einzelne Eintrag der App stammt aus einem konkreten Fall im Quartier, der von Experten aufbereitet wird. CABInet steht denn auch für CAse-basiertes Berater-Info-NETzwerk.

Das Neustadtquartier eignet sich besonders gut dafür: «Hier alles vorhanden, was ältere Menschen in ihrer Nähe brauchen, vom Lebensmittelgeschäft über die Apotheke bis zur Wäscherei», sagt Vicino-Geschäftsleiter René Fuhrimann. Zudem engagiere sich die Allgemeine Baugenossenschaft Luzern (abl) stark für Wohnraum, der den Bedürfnissen älterer Menschen entgegenkommt. Ihr Neubau «Himmelrich 3» ist eine wichtige Grundlage für das Pilotprojekt.

Die App wird zunächst für das Neustadtquartier entwickelt. Einmal erprobt, soll sie für ganz Luzern und in angepasster Form möglicherweise auch andernorts in der Schweiz zum Einsatz kommen. Die Arbeit an der App sorgt jedenfalls weitherum für Interesse.

«Als meine Mutter eine Physiotherapie benötigte, bekam ich von der Spitex einfach eine Liste mit Namen. Ich suchte jemanden, der nach Hause kommt. Auf der Liste war das jedoch nicht ersichtlich, so musste ich alle Anbieter durchtelefonieren.»
Rolf Kistler, Leiter Forschungsgruppe Ambient Assisted Living (AAL) an der Hochschule Luzern

Eine zentrale Beratungsstelle soll künftig als «Single Point of Contact» für alle beteiligten Institutionen agieren: die öffentliche Spitex, Pro Senectute, die katholische und die reformierte Kirche der Stadt Luzern, die Caritas Luzern und die abl. Hinzu kommen weitere Partner mit ergänzenden Angeboten. Als ICT-unterstützte Koordinationsplattform der Beratungsstelle leitet die App einen Hilfesuchenden im Falle einer konkreten Anfrage an die geeignete Institution weiter.

Die CABInet-App hat heute den Stand eines Prototyps erreicht. An einem Workshop mit allen involvierten Partnern von Vicino Luzern wurde die App kürzlich als äusserst hilfreich beurteilt, auch wenn ihre technische Umsetzung noch einiges von einer alltagstauglichen Lösung entfernt ist. Die Konkretisierung auf die individuelle Situation im Alltag sei jedenfalls einzigartig. Besonders wichtig: Zu jedem Angebot steht eine Ansprechperson vor Ort zur Verfügung; sie schafft Vertrauen zu den Inhalten der Plattform und sorgt dafür, dass diese aktuell und relevant sind.

In den User-Workshops zeigte sich aber auch, dass die Vorstellungen bezüglich der Interaktion der App sehr unterschiedlich sind. Da bisher nur wenige potenzielle Nutzerinnen und Nutzer in die Entwicklung involviert wurden, kommen nun Co-Creation-Workshops und ähnliche Mitwirkungsmodelle zum Zug. Daran nehmen auch Leute teil, die nicht besonders technikaffin sind. Denn unter den zukünftigen Nutzerinnen und Nutzern dürften viele zu dieser Gruppe gehören.

Mehr zum Projekt

Fast eine halbe Million Menschen in der Schweiz sind über 80 Jahre alt. Die meisten wünschen sich, so lange wie möglich in den eigenen vier Wänden zu leben. Unterstützungsangebote von verschiedenen Seiten tragen dazu bei. Eine App, die das iHomeLab der Hochschule Luzern gemeinsam mit dem Verein Vicino Luzern entwickelt, soll die Anbieter besser vernetzen.