Aktiv bleiben – auch wer alt und eingeschränkt ist

Die bestmögliche Lebensqualität für all jene Menschen schaffen, die in Institutionen leben und dort begleitet, betreut und gepflegt werden. Das ist das Ziel der Integrativen Aktivierenden Alltagsgestaltung (IAA). Das Konzept sieht Aktivierungsangebote nicht als das Besondere, sondern als gemeinsam gelebter Alltag. Ein Input von Aktivierungsfachfrau Elvira Tschan zu Chancen bei der Aktivierung und Alltagsgestaltung in der Geriatrie und Psychogeriatrie.

Der Mensch möchte teilhaben am Geschehen im Alltag, auch wenn er alt ist und gesundheitlich beeinträchtigt. Selbst Menschen in einer fort­geschrittenen Demenz wollen emotional berührt werden. Dies kann sich aus einer vertrauensvollen Beziehung oder im geselligen Miteinander ergeben, mit einem musikalischen Erlebnis verbunden sein oder im Kontakt mit der Natur erfüllt werden. Die Erfahrung, sich respektiert zu fühlen, trägt wesentlich zum Wohlbefinden bei. Menschen in Institutio­nen in ihrem Alltag, in ihrem nahen Lebensumfeld solche Erfahrungen zu ermöglichen, betrachte ich als meine Aufgabe.

«Meine Aufgabe sehe ich darin, die Anwesenden mithandeln, mitentscheiden und füreinander sorgen zu lassen – und wo nötig Hilfestellung und, vor allem, die nötige Zeit dafür zu geben. Dabei muss ich sowohl das Miteinander wie auch das Aneinander­-vorbeikom­men­-Können im Auge behalten.»
Elvira Tschan, Aktivierungsfachfrau

Ein aktives Leben führen können

Wird Hochbetagten aus einem falschen Verständnis heraus alles abge­nommen, verlieren sie nicht nur ihre Denk­ und Handlungsfähigkeit, sondern auch ihren Selbstwert. Ich nenne dies einen «Service complet». Zum Beispiel das tägliche Verteilen des Nachmittagskaffees, wie es oft Usus ist: Jeder und jedem wird sein Kaffee mit den entsprechenden Ingredienzen an seinem gewohnten Platz serviert. Aktivierend gestaltet sieht dies anders aus. Ich überlege mir eine Sitz­ordnung, die den Kontakt zu den Sitznachbarinnen und Sitznachbarn ermöglicht. Diese sollen einander bei Bedarf auch helfen können; denn wenn man sich nützlich machen oder Unterstützung erhalten kann, prägt dies das Mit­ und Nebeneinander positiv. Anders gesagt: Eine gut reflektierte Sitzordnung steuert die Atmosphäre sowohl in der Gruppe wie auf der Abteilung. Es ist für alle Beteiligten angenehmer, wenn das menschliche Milieu stimmig ist. Zudem wird gemeinsam getischt. Der Kaffee und die Milch werden in Krüge gefüllt und stehen zur Selbst­bedienung bereit.

Damit diese Aktivierung gelingt, braucht es oft erklärende und auf Kooperation ausgerichtete Gespräche mit jenen Bewohnerinnen und Bewohnern, die aus Gewohnheit auf ihren Platz oder den vom Personal servierten Kaffee pochen. Meine Aufgabe sehe ich darin, die Anwesenden mithandeln, mitentscheiden und füreinander sorgen zu lassen – und wo nötig Hilfestellung und, vor allem, die nötige Zeit dafür zu geben. Dabei muss ich sowohl das Miteinander wie auch das Aneinander­-vorbeikom­men­-Können im Auge behalten.

Sich über den Tag hinweg immer wieder aktiv einbringen zu können – sei dies nun denkend, handelnd oder mit dem Herzen –, sehe ich als wichtigen Bestandteil des psychosozialen Wohlgefühls. Denn damit kann der Selbstwert gestützt oder aufgebaut werden. Sich im Miteinander als fähig, respektiert und wertgeschätzt zu erfahren, ist ein weiterer Baustein dazu.

Mehr Infos zur Integrativen Aktivierenden Alltagsgestaltung

AGERE, Aktivierung Alltagsgestaltung
Tel. 056 223 49 02, www.aktivierung.ch