Politik
Neue Studien zu den Kosten der Betreuung im Alter
Die Diskussion für eine gute Betreuung im Alter wird immer breiter geführt. Dazu gehört auch die Frage nach den Kosten. Gleich zwei Studien wurden dazu in den letzten Tagen publiziert: Eine Studie der Pro Senectute sowie eine Studie im Auftrag von Curaviva, Seneuisse, Spitex und SpitexPrivee.
Die Studie der Pro Senectute schätzt den aktuellen Bedarf und die Kosten von Betreuung zu Hause, die Studie im Auftrag von Curaviva, Seneuisse, Spitex und SpitexPrivee berechnet die monatlichen Kosten des betreuten Wohnens. Die Frage der Finanzierung wurde nicht vertieft.
Im Auftrag der Pro Senectute ist das Winterthurer Institut für Gesundheitsökonomie der ZHAW zwei Fragen nachgegangen: Welche Betreuungsleistungen brauchen Personen, die zu Hause leben? Und welche Kosten fallen auf individueller und gesamtgesellschaftlicher Ebene an? Die Studie zeigt, dass vor allem Leistungen für «Soziale Aktivität», «Sport ausser Haus» und «Haushaltshilfe» benötigt werden. Die Kosten einer bedarfsgerechten Betreuung aller zu Hause lebenden Seniorinnen und Senioren ab 63 Jahren belaufen sich gemäss Studie schweizweit auf rund 250-460 Millionen Franken pro Monat. Das entspricht 4.2 bis 5.6 Milliarden Franken pro Jahr. Auf eine Prognose für die kommenden Jahre wird verzichtet.
Bemerkenswert ist, dass die soziale Dimension der Betreuung in der Erhebung nur mit einem von 20 Aspekten berücksichtigt wird – dem Aspekt der «Einsamkeit». Sämtlichen anderen Aspekte behandeln körperliche Kriterien. Trotzdem zeigen die Resultate der Studie, dass im Bereich der sozialen Aktivitäten der höchste Bedarf an Betreuungsleistungen ist. Dies bestätigt das Verständnis einer umfassenden Betreuung, wie sie der Wegweiser ausführt: Eine gute Betreuung richtet sich konsequent an den Bedürfnissen der betagten Person aus und behält nebst dem körperlichen auch das psychosoziale Wohlbefinden im Blick.
Im Auftrag von Curaviva, Senesuisse, Spitex Schweiz und SpitexPrivee hat das Büro Bass die in der Studie Imhof et al (2018) erarbeiteten vier Stufen von betreutem Wohnen mit einem Preisschild versehen. Die Kosten werden pro Person mit monatlich zwischen 2’365 Franken und 9’894 Franken beziffert. Eine Hochrechnung der gesamtgesellschaftlich anfallenden Kosten wird nicht vorgenommen.
Bei den errechneten individuellen Kosten zeigt sich erneut deutlich, dass diese von einem wesentlichen Teil der Bevölkerung nicht getragen werden können. Die Studienautoren unterstreichen deshalb die Wichtigkeit der überwiesenen Motion für eine Erweiterung der Ergänzungsleistungen auf das betreute Wohnen. Konkret empfehlen sie, Zugangskriterien für die Bezügerinnen und Bezüger und Qualitätskriterien für die Leistungserbringer zu definieren.
Auch die Paul Schiller Stiftung betont in ihrem Diskussionsbeitrag zur Umsetzung der oben erwähnten Motion 18.3716 die Wichtigkeit dieser beiden Steuerinstrumente. In Übereinstimmung mit den Befunden der beiden erwähnten Studie weist sie darauf hin, dass die Wohnform (zu Hause, in extra erstellten Gebäuden für betreutes Wohnen oder im Heim) kein Kriterium sein darf. Zudem muss den psychosozialen Aspekten und der Lebenssituation der Betagten bei der Definition von Zugangskriterien unbedingt Rechnung getragen werden, um die gewünschten präventiven und kostenwirksamen Effekte zu erzielen.
Wie im Frühjahr 2020 angekündigt, ist im Auftrag der Paul Schiller Stiftung in Arbeit, die eine Prognose der künftigen Kosten einer guten Betreuung macht, sowohl im ambulanten als auch im stationären Bereich – und unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung . Zudem wird sie mögliche Finanzierungsvarianten zur Diskussion stellen um die privaten Haushalte zu entlasten. Die Studie wird im ersten Halbjahr 2021 veröffentlicht.
- Pro Senectute
– Studie Betreuung zu Hause: Bedarf und Kosten
– PSInfo zum Thema Betreuung im Alter: Studienresultate u. Interview mit Prof. Dr. C. Knöpfel - Curaviva, Senesuisse, Spitex Schweiz u. SpitexPrivee
– Studie zum künftigen Wohnen mit Dienstleistungen
– Beitrag «Echo der Zeit» vom 12.10.2020