Politik
Bundesrat bekräftigt den Willen zur Stärkung der Betreuung
Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 8. Mai die Resultate der Vernehmlassung zur Vorlage «Ergänzungsleistungen für betreutes Wohnen» zur Kenntnis genommen und erste Vorentscheide getroffen, wie sein Vorschlag ans Parlament aussehen wird.
Der Bundesrat plant eine Pauschale für Betreuungskosten und nimmt damit eine der zentralen Forderungen aus den Stellungnahmen der Paul Schiller Stiftung sowie unserer Partnerinnen und Partner auf. Er ordnet die Pauschale jedoch weiterhin den kantonal finanzierten Krankheits- und Behindertenkosten zu und scheint am bisherigen Leistungsrahmen festzuhalten. Wir fordern den Bundesrat auf, in der auf Herbst angekündigten Botschaft die Logik der Pauschale auch beim Leistungskatalog weiterzudenken, individuell abgestimmte Lösungen zu ermöglichen und diese klar auf psychosoziale Betreuungsleistungen auszurichten.
Vor mehreren Jahren hat das Parlament die Motion «18.3716 Ergänzungsleistungen für betreutes Wohnen» angenommen. Der Bundesrat hat im Juni 2023 seinen Vorschlag präsentiert, wie er diese umzusetzen gedenkt. Die Paul Schiller Stiftung und weitere Akteurinnen und Akteure haben im Rahmen der Vernehmlassung dazu Stellung genommen.
Sie forderten einerseits eine Finanzierung der Kosten über eine Pauschale in den jährlichen Ergänzungsleistungen anstatt der vorgeschlagenen Abrechnung von Einzelkosten über die Krankheits- und Behinderungskosten. Andererseits muss die psychosoziale Ausrichtung der Betreuung im vorgeschlagenen Leistungsrahmen deutlicher zum Ausdruck gebracht werden. Die aktuellen Kategorien von Leistungen stützen sich stark auf Hilfeangebote und bauliche Anpassungen.
Der Bundesrat hat nun basierend auf den Resultaten der Vernehmlassung Vorentscheide getroffen, wie sein Vorschlag ans Parlament aussehen soll. Im Grundsatz hat sich eine deutliche Zustimmung gezeigt: «Ausnahmslos alle Vernehmlassungs-Teilnehmenden begrüssen die Stossrichtung der Vorlage zum betreuten Wohnen.» Kritisiert wurde jedoch die konkrete Form der Umsetzung. Der Bundesrat reagiert nun auf diese Kritik und nimmt einen Teil der Forderungen auf:
- Die Vorlage wird auch auf den IV-Bereich ausgeweitet. So sollen keine neuen Unterschiede zwischen AHV und IV eingeführt werden.
- Es soll eine im Voraus ausbezahlte Pauschale für Betreuung eingeführt werden. Der Bundesrat gliedert diese Pauschale jedoch den Krankheits- und Behinderungskosten an – und nicht wie von vielen gefordert den jährlichen Ergänzungsleistungen. Damit fällt zwar die Vorfinanzierung durch die Beziehenden und der administrative Aufwand der einzelnen Rechnungsprüfung weg, die Finanzierung bleibt jedoch vollständig zulasten der Kantone. Wie genau die Umsetzung dieser Pauschale aussehen soll und ob sie abgestuft nach Bedarf erfolgt, wird noch nicht ausgeführt.
- Die Leistungskategorien bleiben gleich wie im ursprünglichen Vorschlag. Es können für folgende Kategorien Kosten übernommen werden:
- Mietzuschlag für eine altersgerechte oder barrierefreie Wohnung
- Vergütung für die Anpassung der Wohnung
- Notrufsystem
- Haushaltshilfe
- Mahlzeitendienst
- Fahr- oder Begleitdienst
Bei der Ausformulierung der Botschaft sollte nun der Gedanke der Pauschale auch für den Leistungsrahmen konsequent umgesetzt werden. Betreuung lässt sich nicht in Listen fassen – sie muss sich nach dem individuellen Bedarf und den Lebensumständen der einzelnen Person ausrichten.
Bei der konkreten Leistungsdefinition muss das Ziel der Selbstbestimmung und Selbstständigkeit der Person leitend sein. Die psychosoziale und agogische Ausrichtung der Betreuung soll durch eine vorgelagerte Zielformulierung und entsprechende Präzisierungen dieses Leistungsrahmens sichergestellt werden. Zudem ist es wichtig, dass Beratung, Koordination und Entlastungsangebote für Angehörige aufgenommen werden.
Die Vorlage ans Parlament kündigt der Bundesrat auf Herbst 2024 an.
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