Politik

Betreuungsfinanzierung über EL: Meilenstein mit viel Potenzial in der kantonalen Umsetzung

Das eidgenössische Parlament macht einen wichtigen Schritt, um den Zugang zu Betreuung im Alter für Menschen mit wenig finanziellen Möglichkeiten zu sichern: Neu können Beziehende von Ergänzungsleistungen mit einer Pauschale Hilfe und Betreuung zu Hause und im betreuten Wohnen finanzieren. Wir zeigen auf, welches Potenzial für die Umsetzung durch die Kantone besteht.

20.06.2025

Gemeinsam mit einer breiten Allianz an Organisationen hat sich die Paul Schiller Stiftung für die Gesetzesänderung eingesetzt und wird auch die Umsetzung durch die Kantone weiterverfolgen. Dabei geben uns Erfahrungen aus Forschung und Praxis wichtige Hinweise: Es braucht beim Vollzug einen Paradigmenwechsel und eine klare Zielorientierung, um die angestrebte Wirkung zu erreichen.

Der Entscheid des Bundesparlamentes

2018 wurde die Motion eingereicht. 2023 lag die Botschaft des Bundesrates vor. Am 20. Juni 2025 hat das Parlament die Gesetzesänderung beschlossen. Ein jahrelanger Prozess geht damit zu Ende. Ein neuer startet: Die Umsetzung der Anpassungen des Bundesgesetzes über Ergänzungsleistungen ELG, die in der Verantwortung der Kantone liegen.

11'160 Franken pro Jahr ist die minimale Höchstpauschale, welche die Kantone an jene EL-Beziehenden auszahlen, die einen entsprechenden Bedarf an Hilfe und Betreuung zu Hause oder in betreuten Wohnformen haben. Es können auch Teilpauschalen gesprochen werden – und die Kantone können den Höchstbetrag auch höher ansetzen. Damit konnte ein wichtiger Schritt in der Betreuungsfinanzierung realisiert werden.

Die Räte haben sich trotz gegenteiliger Vorschläge ihrer Kommission am Ende des Beratungsprozesses dagegen entschieden, psychosoziale Leistungen explizit im Ergänzungsleistungsgesetz zu erwähnen. Gleichwohl ist die Vorlage ein wichtiger Schritt für die Stärkung der Betreuung in der Schweiz. Besonders erfreulich ist:

Die Umsetzung durch die Kantone

Aufgrund der Forschung und der Praxiserfahrung der letzten Jahre gibt es Erkenntnisse und Hinweise, die für eine wirkungsvolle Umsetzung genutzt werden können. Inspiration bietet auch der Kanton Zürich, welcher die Finanzierung von Hilfe und Betreuung zu Hause über die Ergänzungsleistungen per 1. Januar 2025 eingeführt hat.

Die Zielsetzung der Vorlage – dass durch Finanzierung von Hilfe- und Betreuungsleistungen zu Hause und im betreuten Wohnen spätere Kosten vermieden werden sollen – bedingt einen eigentlichen Paradigmenwechsel: Im Gegensatz zu anderen Bedarfsleistungen geht es nicht darum, dass möglichst wenige Personen nach einem möglichst komplexen Prüfverfahren möglichst wenig Leistungen erhalten.

Hier funktioniert es andersherum: Die Kantone haben als Träger der Restfinanzierung bei Heimkosten ein grosses Interesse, möglichst viele ältere Menschen zu erreichen, ihren Unterstützungsbedarf im Sinne des neuen Art. 14a ELG fachlich und unabhängig abzuklären und dann sicherzustellen, dass Menschen mit Bedarf die für sie richtigen Hilfe- und Betreuungsleistungen beziehen.

Nur wenn es den Kantonen gelingt, diese Menschen zu erreichen – und sicherzustellen, dass sie die vorgesehenen Leistungen tatsächlich beziehen – entfaltet die Unterstützung die angestrebte Reduktion bei der Nachfrage nach Alters- und Pflegeheimplätzen.

Wertvolle Hinweise für die Umsetzung aus Forschung und Praxis

Um diese Wirkung sicherzustellen, gilt es diesen Paradigmenwechsel an drei Schlüsselstellen umzusetzen:

Weiter ist in der Umsetzung zu beachten:

Das eidgenössische Parlament nimmt die Kantone mit der Vorlage in die Pflicht. Es setzt einen minimalen nationalen Standard für den Leistungsanspruch der EL-Beziehenden und lässt den Kantonen viel Spielraum in der Umsetzung. Dabei geht es nicht nur um die Sorgepflicht der Kantone gegenüber dem anspruchsberechtigten Teil der älteren Bevölkerung. Es liegt auch im ureigenen finanziellen Interesse der Kantone, Heimeintritte möglichst zu vermeiden.

Die in Absatz 1 des neuen Art. 14a ELG aufgezählten Leistungen: Notrufsystem, Hilfe im Haushalt, Mahlzeitendienst, Fahr- und Begleitdienste werden dafür nicht ausreichen. Das war auch den Gesetzgebenden klar, die an diese Leistungen gedacht haben und die Liste mit der Ergänzung des Wortes «insbesondere» bewusst nicht abschliessend formulierten. Damit können die Kantone Betreuung und Hilfe so finanzieren, dass sie die Selbstbestimmung stärken und ältere Menschen möglichst lange zu Hause wohnen können.